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Die Orgel der Altstädter Pfarrkirche St. Marien in Warburg

Allgemeine Informationen
Geschichte der Orgeln
Disposition
Die Orgel in der Liturgie


Das Kirchengebäude
Das Innere der Kirche
Kunstwerke der Kirche
Pfarramt
Allgemeine Informationen zur Orgel

Erbauer
: Fa. Sandtner-Orgelbau,
Dillingen an der Donau
Disposition: Dekanatskirchenmusiker Johannes Grötzner, Würzburg
Prospektgestaltung: Architekt Andreas Kropp, Warburg, in Zusammenarbeit mit Ochensenfarth Restaurierungen, Paderborn
Orgelsachverständiger: Regionalkantor Jörg Krämer

Zur Geschichte der Orgeln
von Karl Kuchenbuch


Bau und Einweihung der neuen Orgel in der Altstadt- Pfarrkirche „Maria in vinea“ legen es nahe, die Frage nach Vorgängerinnen dieses Neubaues zu stellen. Man kann davon ausgehen, dass nach der Weihe der Pfarrkirche 1299 sicherlich Jahr- zehnte vergangen sind, ehe man daran gehen konnte, eine Orgel zu bauen. Bereits seit der Mitte des 14. Jahrhunderts sind im Bereich des südlichen Hochstifts, allerdings nur in den Klöstern und Städten, Orgeln nachzuweisen, die von der hohen Bedeutung dieser kostbaren Instrumente für die vielfältigen Formen des Gottesdienstes, aber auch von der wirtschaftlichen Kraft und dem deutlichen Selbstbewusstsein der Bürger zeugen. Daher ist es nicht abwegig anzunehmen, dass man im 15., sicher jedoch im 16. Jh. auch in der Altstadt den Wunsch hatte, in der eigenen Kirche ein solches Instrument errichten zu lassen, wobei die Tatsache nicht unerheblich gewesen sein könnte, dass die Dominikaner in der ehemals der Altstadt gehörenden Kirche seit etwa 1470 sogar zwei Orgeln besaßen.

Die oben aufgeworfene Frage nach früheren Orgeln in der Altstadtkirche zu beantworten, soweit es die noch vorhandenen Archivalien ermöglichen, ist Aufgabe dieses Aufsatzes.

Die Hoffnung, sich dabei auf bereits vorhandene Untersuchungen und Arbeiten stützen zu können, erfüllte sich nicht; denn die Monographie des früheren Pfarrers der Altstadt- Gemeinde L.Hagemann über seine Kirche enthält keine entsprechen- den Hinweise. Ebenso trägt die Kölner Dissertation von H. Böhringer wenig Erhellendes bei, da die betreffenden Archive (Archiv der Altstadt- Pfarrei, Stadtarchiv Warburg, Archiv des Erzbischöfl. Gen.Vik.Paderborn) offenbar zu der damaligen Zeit (1950) nicht immer zugänglich waren oder nicht systematisch durchforscht werden konnten.

Das Archiv der Altstadt- Pfarrei verfügt nicht, wie sich herausgestellt hat, über Archivalien, die für die zeitlichen Bereiche des Mittelalters und der beginnenden Neu- zeit hins. der Fragestellung Aufschluss geben könnten, so dass nur das Archiv der Stadt Warburg in der Lage ist, weiterzuhelfen und Licht in das Dunkel zu bringen, Diese Annahme hat schon darin eine gewisse Berechtigung, dass der Bischof Rembert von Paderborn der Stadt Warburg am 28.Okt.1559 das Patronatsrecht über die Pfarrei der Altstadt verliehen hat.

Aber auch ohne diese obrigkeitliche Ermächtigung fühlte sich der Rat der Stadt für beide Kirchen und auch für deren Orgeln verantwortlich; denn bereits vor 1559 findet sich im Kämmereiregister (KR) des Jahres 1541 eine Notiz, die besagt, dass nach altem Brauch die Stadtbediensteten an den 4 Festtagen des Jahres vom Bürgermeister eingeladen wurden, mit ihm „zu speisen“. Zu diesen Personen gehörten auch „2 organisten“. Dass einer dieser beiden Organisten in der Altstadtkirche tätig war, darf man sicherlich annehmen.

Eine Bestätigung für diese Vermutung findet sich im KR des Jahres 1570; denn man hat für eine Reparatur an der „orgelen der altenstaidt“ 11 Schilling bezahlt.

Der nächste Hinweis ergibt sich erst etwa ein Jahrhundert später. Anlässlich der Visitation (1654 - 1656) des Bischofs Theodor Adolph von der Reck wird bei der Aufzählung der Benefizien der Altstadtkirche festgehalten, dass die Einkünfte des Benefiziums der hl.Catharina der Orgel zugute kommen.(„beneficium s. Catharinae applicatum organo veteris oppidi“)

Für wenige Jahrzehnte „schweigt“ dann das Stadtarchiv, erst 1671 notiert der Stadtkämmerer eine Ausgabe für eine „Reparierung“ der Orgel.“

Über die Beschaffenheit (Prospekt, Größe und Registerzahl) der Werke lassen sich, da konkrete Angaben gänzlich fehlen, im Rahmen der damaligen Gegebenheiten nur Vermutungen äußern: 8 – 10 Register, ohne Pedal, aus akustischen Gründen vermutlich im hinteren Mittelschiff aufgebaut.

1711 hat der Rat der Stadt den Orgelbauer Johannes Brache aus Willebadessen die Orgel prüfen lassen, mit ihm aber trotz seiner Bitten keinen Vertrag geschlossen. Wie notwendig aber eine Reparatur gewesen wäre, zeigte sich bereits im Jahre 1715; denn in dem Vertrag, den der Rat mit dem Orgelbauer Tobias Scheiffer aus Langensalza abzuschließen sich gezwungen sah, heißt es über den Zustand der Orgel: „Demnach das altenstedter organum wie stad kündig ganz und gar ohnbrauchbar gemacht und der gottesdienst deshalb nicht versehen werden kann“. Es wird vereinbart, „ das er die blaßbelge in guhten dann auch die Orgelpfeifen zum vorigen Thon und guter renonanz redigiren ferfertigen wolle...... alles renovieren ausputzen und dergestalt perfectiren wolle damit es wie neu und wohl gemacht und ein capables subjectum seine kunst darauf exerciren könne.“

Außer der obigen Zustandsbeschreibung werden keine Angaben über die Orgel gemacht, wenn man davon absieht, daß 2 neue Blasebälge gebaut werden mußten, denen der Orgelbauer einen dritten auf eigene Kosten zufügte.

Erst um die Mitte des 18. Jhdts hat die Stadt dafür gesorgt, daß die Orgeln beider städtischen Kirchen ziemlich regelmäßig von einem erfahrenen Orgelbauer betreut wurden. Diese Aufgabe hat der Rat von 1746 - 1754 dem Orgelbauer Christoph Bornemann aus Adorf (Nordhessen) übertragen, der aus einer bekannten Orgelbauerfamilie stammte ( sein Vater hatte die Orgel im Kloster Willebadessen 1727 vollendet.), von 1758 bis zu seinem Tode 1777 Arnold Isvording aus Dringenberg, verwandt mit dem berühmten Lippstädter Orgelbauer Johann Patroklus Möller.

In den folgenden Jahrzehnten verzeichnet das KR verschiedene kleinere Arbeiten an der Orgel der Altstadt- Pfarrei, bis man sich, vermutlich aufgrund des desolaten Zustandes des Werkes, entschließen musste, einen Neubau in Auftrag zu geben. Bereits 1833 wurde die vorhandene Orgel abgebrochen. 1834 ließ man „die Stühle der Orgelbühne“ wegräumen. (Diese „Stühle“ waren an Mitglieder der Kirchengemeinde vermietet.) 1837 wurde„die Orgelbühne befestigt.“ Am 9. Juni 1837 erteilte der Rat dem Orgelbauer Kuhlmann aus Gottsbüren den Auftrag für einen Neubau. Das Werk kostete 200 Rthr und wurde in zwei Raten 1839 und 1840 bezahlt.

Über diese Orgel ist außer den Quittungen des Orgelbauers nur noch eine Zeichnung des Prospektes, der Schauseite, im Stadtarchiv erhalten, die – charakteristisch für die Orgelbauerfamilie Heeren/ Kuhlmann- im klassizistischen Stil der Zeit gestaltet ist, sichtbar vor allem an zwei Vasen neben dem Hauptturm. Sollte die Zeichnung exakt sein - ein Maßstab ist nicht verzeichnet-, dann hatte diese Orgel 2 Manuale, aber kein Pedal, höchstens ein angehängtes, ohne eigene Register. Die Frontseite zeigt über einem geschlossenen Unterbau, in den der Spielschrank in der Mitte eingefügt ist, einen hohen, nach nach vorn leicht gerundeten Mittelturm, der oben flach schließt, flankiert von zwei ebenfalls leicht gerundeten, etwa 1/3 niedrigeren Seitentürmen. Die Schleierbretter im oberen Drittel aller drei Türme haben die Form des Kielbogens („Eselsrücken“). Die Räume zwischen Seiten- und Mittelturm sind von kleinen Flachfeldern aus Pfeifenreihen ausgefüllt, auf denen über halbkreisartig gebildeten Ornamenten die beiden schon genannten Vasen stehen.

Diese Orgel ist, so Böhringer, 1870 (die unten zitierte Inschrift weist eine andere Zahl auf) repariert und vergrößert worden, auf Kosten R. Fischers aus Paris. Im Prospekt stand 1950/51 folgende Inschrift: „Piis D. Philippi Fischer Parisiensis donis restauratum, amplificatum ornatumque est hoc organum A.D. 1874“. Außer dem Hinweis auf den „sehr schlechten Zustand heute“ und die Art der Windladen („Schleifladen“) macht er -leider- keine weiteren Angaben. Die Differenz der beiden Zahlen konnte bisher nicht geklärt werden.

Nach Jahrhunderten der Unsicherheit ist es zu diesem Zeitpunkt erstmals möglich, den Standort der Orgel festzulegen; in der Pfarrchronik heißt es: Pfr. Josef Kleinschmidt ( (Pfr. der Altstadt von 1871 – 1892 ) „verlegte die Orgelbühne in den Kirchturm“.

In den folgenden Jahren hat man, so scheint es, die Orgel sich selbst überlassen. Das führte dazu, daß 1894 der Orgelbauer Franz Jacob Eul aus Lippstadt gebeten wurde, einen Kostenanschlag über Reparatur und Reinigung der Orgel einzureichen. In diesem Anschlag ist zum ersten Mal eine Disposition aufgeführt. Die Orgel hatte 18 klingende Register, verteilt auf 2 Manuale und Pedal: das erste Manual:11 Register, das zweite 7, deren 5 aus dem ersten entlehnt waren; das Pedal wies 5 Stimmen auf. Des weiteren ergibt sich aus dem Text, daß die Pfeifen auf Schleifladen mit mechanischer Traktur standen. Der Zustand des Werkes wird so beschrieben:..“die Orgel ist voll Staub und Spinngeweben,... viele< Mixtur> Pfeifen ....am Labium eingedrückt, damit dieselben stumm werden sollten....“

Die Orgel wird abgetragen, gereinigt, repariert und im Dezember 1894 wieder aufgebaut.

Im Oktober 1900 reicht der Orgelbauer Stegerhoff aus Paderborn „ Disposition und Kostenanschlag: Verbeßerung der Orgel mit 18 St.“ ein. Er empfiehlt, um den „im allgemeinen dunklen öden Ton der ...Grundregister dieses Manuals < des ersten> zu verstärken und zu beleben“, entsprechend dem Geschmack der Zeit eine „neue Gambe mit kräftigem Strich“ einzubauen, dazu ein neues selbstständiges 2. Manual. Auf dieses Angebot ist man, aus welchen Gründen auch immer, nicht eingegangen.

1905 entschloß man sich, die klanglichen Möglichkeiten der Orgel deutlicher auf den damals herrschenden Zeitgeschmack auszurichten, dem man durch die Wahl bestimmter Orgelregister gerecht zu werden versuchte. Das ergibt sich aus dem Kostenanschlag des Orgelbauers Döhre aus Steinheim. Er schlug vor, bestimmte Register durch zeittypische zu ersetzen, z. B. Gedackt 8‘ durch Vox coelestis 8‘, ein damals sehr beliebtes „Säuselregister“, das Cornett 4 f. durch Gambe 8‘. Lt. Beleg vom 25. August 1906 wurden die geplanten Veränderungen vorgenommen.

Obwohl der Orgelbauer Döhre 1905 festgestellt hatte, daß die Windladen (Schleiflafladen) „gut und dauerhaft gearbeitet“ seien, muß sich der Zustand der Orgel, vermutlich infolge mangelnder Pflege, so sehr verschlechtert haben, daß Domorganist Hebestreit aus Paderborn auf Bitten des Pfarrers am 12.1.1954 diese Orgel einer Prüfung unterzog mit dem Ergebnis: „Die Orgel ist technisch und klanglich eine völlige Ruine und des so schönen, alten Gotteshauses ganz unwürdig.“ Er empfiehlt einen Neubau, zu dem am 6.3.1954 der Orgelbauer Feith aus Paderborn auf die Aufforderung der Kirchengemeinde hin einen Kostenanschlag einreicht.

Aus finanziellen Gründen muß man sich beschränken auf eine erste Baustufe: 16 Register, verteilt auf 2 Manuale und Pedal. 1.Manual: 5 Register; 2. Manual: 7; Pedal: 4. Der Spieltisch wird sofort für die gesamte geplante Orgel von 32 Registern gebaut und aufgestellt. Kosten der 1. Stufe: 25160.00 DM

Diese Orgel stand als Freipfeifenorgel auf der Empore im Turm.

Vor der Restaurierung der Kirche wurde sie ausgelagert und 1975 mit einer erweiterten Disposition (23 Register, wie bisher auf 2 Manuale und Pedal verteilt ) in einem neugotischen Gehäuse (aus Hallenberg übernommen) vor der hinteren Wand des nördlichen Seitenschiffes wieder aufgebaut.

RKM J. Kraemer (Borgentreich) wurde vor wenigen Jahren als Sachverständiger gebeten, dieses Werk wegen des beklagenswerten Zustandes zu prüfen. Das Ergebnis legte er in einem Gutachten vom 30.6.96 vor. Der innere Aufbau des Werkes harmoniere nicht mit dem Gehäuse. Die Qualität der Register und der Intonation seien völlig unzulänglich, „ so dass die Orgel klanglich insgesamt diesen hässlichen, abstoßenden, brutalen, in der Geschichte des Orgelbaus keinerlei Stilistik zuzuordnenden Eindruck hinterlässt“. (Gutachten S. 4)

Ein Neubau wird dringend empfohlen; als Standort wird die Empore im Turm vorgeschlagen.

Nachwort
Der Verfasser dankt ganz herzlich Hern Fr. J. Dubbi, dem Leiter des Stadtarchivs Warburg, für seine stetige Unterstützung bei der Suche nach Archivalien und bei der oft mühsamen und zeitraubender „Entzifferung“.

Disposition

II Hauptwerk C - g''' III Schwellwerk C - g''' Pedal C - f'
Bourdon 16' Flûte harm. 8‘ Flûte 16'
Montre 8' Bourdon 8' Soubasse 16'
Bourdon 8' Viole de Gambe 8' Quint 10 2/3'
Gambe 8' Voix celèste 8' Principal 8'
Octave 4' Principal 4' Violon 8'
Flûte douce 4' Flûte octaviante 4' Octave 4'
Sesquialtera 2f. Nazard 2 2/3' Bombarde 16'
Doublette 2' Flageolet 2' Trompette 8'
Fourniture 4-5f. 1 1/3' Tierce 1 3/5'
Trompette 8' Plein Jeu 3-4f. 2'
Cromorne 8‘ Basson 16'
Tremulant Trompette harm. 8'
Hautbois 8'
Clairon harm. 4'
Tremulant



I Koppelmanual C- g''' III + II permanent

Koppeln: II/P; III/P; III 4'/III; III4'/II; III/II

Spielhilfen:
256-fache Setzerkombination auf 5 Ebenen, insgesamt 1.280 Kombinationen, Ebene 2 – 5 über Code. Betätigung über Drücker aus Grenadill unter der ersten Klaviatur.

Sequenzer Vor- und Rücklauf als Tritte und Drücker.
Koppeln in Wechselwirkung zwischen Tritten und Zügen.
Anzeige über Digitaldisplay über der dritten Klaviatur.

Stimmtonhöhe 440 Hz bei 15°C
Stimmtonart gleichstufig

Die Orgel in der Liturgie von Prof. Dr. theol. habil. Michael Kunzler

Die herrschaftliche Orgel - Instrument zur höheren Ehre Gottes

Orgeln - braucht man sie heute noch? Ist es nicht ein viel zu großes Wagnis und zudem sündhaft teures Unterfangen, heute noch eine neue Orgel in die Kirche zu stellen? Wer fragt danach außer ein paar wenigen Liebhabern! Die Jugendlichen kommen ja nicht mehr in die Kirche, und außerdem liegen denen doch Gitarre und Schlagzeug viel näher. Warum also das Wagnis, eine neue Orgel zu bauen und dafür ungeheure Investitionen an Geld, Nerven, Kraft und Geduld aufzubringen? Genügt der Verweis auf die große, ja großartige Orgeltradition in unserer Vergangenheit, um sie weiterhin für die Musik im Gottesdienst zu Ehren des Herrn als würdiges Instrument für unentbehrlich zu halten? Verführerisch könnte man sich von den Grundlagen der erneuerten Liturgie her fragen, ob nicht das Wichtigste im Gottesdienst der lebendige Gesang der Mitfeiernden ist, ob man zur Begleitung des Gemeindegesangs und für die meditative Musik im Gottesdienst nicht auch an andere - „billigere" - Lösungen denken könnte! Dann muß es eben ohne die „Königin der Instrumente" gehen, wie vieles im Gottesdienst vielleicht heute „billiger" geht. Daß dabei nicht nur die Idee von der Verherrlichung Gottes langsam auf der Strecke bleibt, sondern die feiernde Gemeinde selbst spürt, daß ihr viel Wertvolles verlorengegangen ist - das sind Erfahrungen, die nicht wenige Christen mit dem gottesdienstlichen Leben vor Ort leider machen müssen.

Die Orgel wird zurecht als „Königin der Instrumente" bezeichnet, weil sie alles Maß sprengt. Schon allein ihre Größe, dazu die reiche Vielfalt ihrer Klangfarben und Tonhöhen, die kunstfertige Anordnung und das nicht minder faszinierende Spiel ihrer mechanischen Teile, die variantenreiche Vielfalt leisester Töne bis hin zum überwältigenden Brausen, vor allem aber ihr „herrschaftlicher Klang" erhebt sie über alle anderen Instrumente. Es ist ihre Maßlosigkeit, welche die Orgel an die Unbegrenztheit und Herrlichkeit Gottes erinnern läßt. Hätte der Verfasser der biblischen Psalmen die Orgel schon gekannt, zweifellos würde sie unter die Instrumente gezählt, mit denen im 150. Psalm die Größe Gottes musikalisch gepriesen werden soll.

In der Tat: Die Orgel ist älter, als wohl viele meinen. Sie hat ihre ersten Anfänge in der „Hydraulis", einem Instrument im Griechenland des 3. vorchristlichen Jahrhunderts, bei dem mit Wasserpumpen ein Windruck erzeugt wurde, der in Pfeifen zum Tönen gebracht wurde. Im Laufe der Zeit wurde diese Orgel immer weiter verfeinert, auch Register mit verschieden klingenden Pfeifen waren schon bekannt. In der Antike diente die Hydraulis der musikalischen Untermalung von Zirkusspielen, am oströmischen Kaiserhof diente ihre Musik aber auch schon der Darstellung der kaiserlichen Macht. Von daher hatte die Orgel zunächst einen etwas zweideutigen Ruf und war nicht - wie sie es heute fraglos tut - ohne weiteres mit dem christlichen Gottesdienst in Verbindung zu bringen, zumal in der orthodoxen Kirche die Orgel wie jedes andere Instrument, das die liturgischen Gesänge begleiten könnte, prinzipiell verboten ist. Manch einer der herausragenden Vertreter der frühen Kirche hatte aber für Musik im Gottesdienst insgesamt wenig übrig; sie wurde sogar eher abgelehnt, zum einen aus einer asketisch begründeten Skepsis gegenüber der „sinnlichen" Freude an der Musik, zum anderen aus Sorge um die Unterscheidung von der Musik - insbesondere der Instrumentalmusik - in den heidnischen Kulten.

D ie Tradition der Pfeifenorgel in der westlichen Kirche geht auf jene Orgel zurück, die Pippin der Kurze im Jahre 757 vom oströmischen Kaiser Konstantin V. Kopronymos als Geschenk erhielt. Von der kaiserlichen Kapelle in Aachen aus verbreitete sich die Orgel als Kircheninstrument. Da das Spiel liturgischer Melodien auf der Orgel als dem Gesang gleichwertig erachtet wurde, konnte sie beim Wechselgesang an die Stelle des zweiten Chores treten.

Ihre erste technische wie (nach Meinung mancher Orgelkenner nie wieder erreichte) künstlerische Hochform (z.B. Vielfalt der Klangfarben, Obertonreichtum) erreichte die Orgel in der erste Hälfte des 18. Jahrhunderts, nachdem seit dem Ausgang des 16. Jahrhunderts in niederländisch-brabantischen, niederrheinischen und norddeutschen Raum entscheidende Vorentwicklungen vonstatten gegangen waren. In folgenden Zeiten bildeten sich ganze „Orgellandschaften" heraus, die auch mit den großen Orgelbaufamilien und ihren handwerklichen Traditionen zusammenhängen.

Die norddeutsch-dänische Orgelbautradition ist verbunden mit der Orgelbauerfamilie Arp Schnitger, deren Werke in den großen Hauptkirchen der norddeutschen Hansestädte standen bzw. stehen. Typisch für den norddeutschen Orgelbau ist die Unterteilung in Hauptwerk, Rückpositiv und Brustwerk, also in verschiedene, von dem einen Spieltisch bespielbare „Orgelteile", die der Aufführung der barocken Orgelmusik einen besonderen Farbenreichtum verlieht. Daneben gibt es die mitteldeutsche-sächsische Orgelbautradition, die mit dem Namen der Familie Silbermann verbunden ist. Ihr Ruhm beruht auch darauf, daß Georg Silbermann in der Werkstatt seines Bruders Andreas viele französische Anregungen aufnahm und mit der deutschen Orgelbautradition zu verbinden wußte. Damit ist auch schon die französische Orgellandschaft des Barock genannt, die viele eigene, meist in Zungenregistern (z. B. Trompette, Voix humaine, Hautbois) ausgeführte Klangfarben sowie Echowirkungen (Récit) aufweist, wie sie für die Orgelmusik eines François Couperin, eines Nicolas Clérambault und anderer Komponisten typisch ist. Andere barocke Orgellandschaften bestehen in England (wo das Pedal erst im 19. Jahrhundert auftaucht), Italien und Spanien. Von Frankreich beeinflußt ist auch die süddeutsche Barockorgel, doch wurde bei den großen barocken Orgeln des Orgelbauers Josef Gabler (1700-1771) etwa in Weingarten oder Ochsenhausen schon die weitere Entwicklung grundgelegt in der Reduzierung des Klangreichtums vieler obertonreicher Register zu einer Anhäufung von Registern in den Lagen 16’, 8’ und 4’. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stagnierten Orgelbau und Orgelmusik insgesamt. Nicht mehr die barocke Polyphonie, sondern der von einem Orchester gespielte homophone Ton galt als Ideal.

Im 19. Jahrhundert wurde die Orgel nicht nur mit heute kritisch beurteilen Spielhilfen (vor allem pneumatischer Traktur) ausgestattet; sie wurde zudem weniger als eigenständiges Instrument begriffen, sondern als komplizierte Apparatur zur Imitation anderer Instrumente bzw. Instrumentengruppen betrachtet (z.B. „Streicher"-Register, die wie ein „Cello" klingen sollen usw.). Die Orgel wurde zur „Konzertorgel" für außerkirchliche Zwecke, und der Weg war nun grundsätzlich eröffnet hin zur elektronischen Orgel und schließlich zum Synthesizer mit ihrer Beheimatung in der ganz und gar profanen Unterhaltungsmusik. Erst die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts kannte wieder große Orgelbauer (z.B. der Pariser Orgelbauer Aristide Cavaillé-Coll, 1811-1899) und Orgelmusiker (etwa César Franck, Franz Liszt und Max Reger). In der vor allem im deutschen Protestantismus beheimateten Orgelbewegung wurde der kompromißlose Weg zurück zur Barockorgel als der einzig wahre Weg zur echten Orgel betrachtet, wohingegen andere, spätere Orgelbautraditionen, die ebenfalls mit großen Namen verbunden sind wie etwa mit dem Cavaillé-Colls, heute allgemeine Anerkennung finden. Dies nicht zuletzt durch den Grundsatz, Musik der verschiedenen Epochen auch auf Instrumenten aus der entsprechenden Zeit aufzuführen.

Was ist eine gute und was eine schlechte Orgel? Gerade auf dem Gebiet des Orgelbaus und der Orgelrestaurierung blühen zur Zeit so sehr die Ideologien mit ihren Grabenkämpfen und Intrigen. Verschiedene Gemeinden müssen sehr darauf achten, daß man ihnen nicht „Schrottkästen" als „Denkmalorgeln" mit erheblichen finanziellen Belastungen unterjubelt, nur weil verschiedene Zuständige in Orgelangelegenheiten sich in einen bestimmten Orgeltyp verliebt oder auf die Musik einer bestimmten Epoche versteift haben! Auch der Autor dieser Zeilen weiß ein traurig Liedlein davon zu singen, ist er in seiner Heimatgemeinde doch selbst davon betroffen! Eine pneumatisch betriebene, mit dem Registrierideal des 19. Jahrhunderts versehene Orgel mittlerer bis schlechter Qualität vom Beginn des 20. Jahrhunderts auf Biegen und Brechen restaurieren zu wollen, auch um des Preises willen, darauf niemals ein Orgelstück von Joh. Sebastian Bach überzeugend und eben nicht karikierend spielen zu können - dies bedeutet, eine Gemeinde eine ungeheure Zumutung aufzuerlegen. Glückwunsch der Pfarrgemeinde, die sich vielleicht gegen viele Widerstände dazu durchringen konnte, einen Orgelneubau anzugehen und sich ein Instrument anzuschaffen, auf dem zur Ehre Gottes und zur Freude der Versammelten die besten Stücke der Orgelmusik aller Epochen zum Erklingen kommen können.

Doch welche Rolle spielt die Orgel überhaupt im Gottesdienst, gerade in der durch das 2. Vatikanische Konzil erneuerten Liturgie? Inmitten der Hochblüte barocker Instrumentalmusik in der Kirche hob Papst Benedikt XIV. hervor, daß außer der Orgel nur solche Instrumente zugelassen sind, welche die Stimmen der Sänger unterstützen, nicht aber sie unterdrücken. Verboten sind darum Trompeten, Flöten und Oboen, obwohl gerade diese Instrumente in den feierlichen Meßkompositionen eine unverzichtbare Rolle spielten. Das Verbot nutzte ebensowenig wie seine Wiederholung durch Papst Pius X.

Was war geschehen? Schon im Mittelalter hatte die liturgische Musik aufgehört, eine solche zu sein; sie wurde zur Musik in der Liturgie, ein Beitrag zu deren Schmuck und Würde, wie eben auch Blumen, Bilder usw. dem Schmuck des Gottesdienstes dienen; wichtig war allein das, was der Priester allein am Altar betete und vollzog. Schon der Begriff „Kirchenmusik" hebt den Unterschied zur „liturgischen Musik" hervor! Die Kirchenmusik wurde zur Musik neben der Liturgie, die Liturgie selbst „zum heiligen Schauspiel, vollendet mit allen Mitteln der Musik. Chor und Orgel wurden weitgehend vom Altarraum auf die gegenüberliegende Westempore verlagert. Liturgische Handlung und musikalische Gestalt wurden zwei getrennte Abläufe, zwischen denen der Gemeinde nur die Rolle des Zuschauens und Zuhörens übrigblieb. Einen wesentlichen Einfluß auf die formale Gestaltung der Kirchenmusik erhielt später zu Beginn des 18. Jahrhunderts die Neapolitanische Schule, deren Hauptfeld die Oper ist." Daß Musik aller Art, neben der Orgelmusik auch solche anderer Instrumente als „gottesdienstlicher Zierrat" ohne irgendeinen Bezug zum liturgischen Geschehen eingesetzt werden konnte zur „Auferbauung" der ebensowenig in die liturgischen Vollzüge selbst eingebundenen Gläubigen, liegt auf der Hand. Immer aber verblieb eine kleine Erinnerung daran, daß Gesang und Musik etwas mit dem Gebet und damit mit Texten zu tun haben müßten.

Das 2. Vatikanum sagt dagegen in aller Eindeutigkeit: Die Kirchenmusik ist „der mit dem Wort verbundene gottesdienstliche Gesang" und macht „einen notwendigen und integrierenden Bestandteil der feierlichen Liturgie" aus. „So wird denn die Kirchenmusik um so heiliger sein, je enger sie mit der liturgischen Handlung verbunden ist."

Entsprechend ist auch das Singen in der Liturgie Ausdruck der tätigen Teilnahme; keine Art von Kirchenmusik ist ausgeschlossen, wenn sie dem Geist der liturgischen Handlungen entspricht und die gebührende tätige Teilnahme des Volkes nicht behindert. Es wäre nun aber ein verhängnisvoller Fehler, die tätige Teilnahme aller am gottesdienstlichen Geschehen allein an den Gesang zu binden und die Rolle der Orgel demgemäß nach dem Vorbild reformierter Traditionen allein auf die Choral- und Kirchenliedbegleitung einzuschränken. Die „tätige Teilnahme" ist nicht notwendig auch aktive Teilnahme; sie kann sehr „rezipierend" und dennoch höchst aktiv sein.

Sicher dient die Orgel der tätigen Teilnahme der Gläubigen unüberhörbar, wenn sie deren Gesang anführt und begleitet. Sie dient der tätigen Teilnahme aber auch dann, wenn sie als Soloinstrument durch ihr Musizieren zu meditativ gefüllter Stille verhilft, in der die Menschen zum betrachtenden Gebet finden können; wenn sie das, was sich in der heiligen Handlung ereignet, nonverbal, geradezu „in Liedern ohne Worten" derart hervorhebt, daß alle Mitfeiernden dem sich vollziehenden Mysterium so hingeführt werden, daß es ganz ihr Eigenes werden kann, an dem sie voll und ganz, tätig und aufnehmend teilhaben, ohne selbst im eigentlichen Sinne aktiv zu sein; wenn sie nach Manier der Bach’schen Orgelchoräle über die variierten oder sogar entfremdeten Choralmelodien in den Hörern die Texte und Inhalte der Choräle und Kirchenlieder möglicherweise lebendiger wachruft, als wenn diese selbst gesungen würden.

Auch soll die Orgel „brausen" zur Höheren Ehre Gottes, die doch in nichts anderem besteht, als dem Menschen die Fülle des Lebens zu geben. Sie soll im besten Sinn „sakrale Musik" bieten, Musik, die nirgendwo anders gehört und als Lobpreis der Größe Gottes wahrgenommen wird als in der Kirche. Sie soll faszinierend anders sein als jedes andere Instrument und jede von ihnen ermöglichte Art von Musik. Die Orgel hat auch die Aufgabe, in ihrer „maßlosen" und darum herrschaftlichen Charaktere an die Herrlichkeit Gottes zu erinnern, auf die der Mensch hin angelegt ist und in der allein er seine Erfüllung findet. Diese Herrlichkeit in der Musik erlebbar zu machen und das Leben immer neu danach auszurichten in der freudigen Hoffnung auf das Kommende, auch das ist ein Werk zur höheren Ehre Gottes.

Doch nicht nur das Hohe und Himmlische findet in der Orgel einen Widerschein, auch das Kleine und Menschliche, wie es zur lebendigen Gemeinschaft der an Christus Glaubenden gehört. Ja, die Orgel selbst stellt so etwas wie ein Spiegelbild für die Gemeinde dar. Da gibt es - wie im Gemeindeleben auch - sehr leise tönende, schwermütig, an und für sich allein ziemlich unattraktiv dastehende Register wie zum Beispiel der Subbaß 16’, ohne den aber die anderen Register nicht klingen und der darum ebenso unverzichtbar ist wie die stillen, zu jedem Werk und jeder guten Tat bereiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Gemeinde. Da gibt es die schrillen Töne der Mixturen - Spiegel der schrillen und zuweilen auch auf die Nerven gehenden Ansichten unserer Jugendlichen und unserer Auseinandersetzungen mit ihnen; aber ohne sie, ohne ihre Phantasie, ihre Fragen und auch ihre Radikalität wäre das Leben fade, viele neue Ideen kämen gar nicht auf, so wie eben die scharfen Mixturen einer Orgel das Gesamtklangbild erst in seiner ganzen Schönheit aufstrahlen lassen. Da gibt es die „feinen" Register, die Krummhorne, Oboen, Schalmeien, die an die vielen unterschiedlichen Gnadengaben und Begabungen in einer Gemeinde erinnern. Wie diese Register oft solistisch auftreten, so braucht eine Gemeinde oft den ganzen Einsatz einzelner Personen aus ihrer Mitte, die der Heilige Geist zur Auferbauung der Gemeinde mit besonderen Gnadengaben ausgestattet hat. Und schließlich gibt es die vielen typischen Register, die eine Orgel erst zur Orgel machen, die vielen Prinzipalchöre und Flötenregister, die man eben braucht - so wie die vielen Gläubigen, die in aller unauffälligen Treue eben die Kirche bilden, jenen lebendigen Organismus des mystischen Leibes Christi, in welcher der lebendige Gott sein Leben mitteilen möchte „durch Christus, unseren Herrn".

Die Pfarrgemeinde St. Marien zu Warburg leistet sich eine neue Orgel. Sie leistet sich damit die Freude, Gottes Herrlichkeit in ihrer Mitte hörbare Gestalt werden zu lassen. Dies ist weit mehr als ein bloß „ästhetischer" Genuß, so wie man „ästhetisch" gemeinhin versteht im Sinne großbürgerlichen Kunstgenusses. „Ästhetik" hat mit „Wahrnehmung" zu tun. Daß der Gemeinde von St. Marien über ihre neue Orgel die Wahrnehmung der erlösenden, errettenden, Leben schenkenden und Herrlichkeit verleihenden Größe Gottes geschenkt werde, sei der Glückwunsch des Verfassers dieser Zeilen zum Fest der Orgelweihe.

Das Kirchengebäude

Die Kirche der katholischen Altstadtpfarrei besteht aus einem dreischiffigen, zweijochigen Hallenlanghaus mit dem aus schmalen Vorjoch und fünf Seiten des Achtecks bebildeten Chor am Mittelschiff und dreiseitig geschlossenen, außen nicht hervortretenden flachen Nebenchören an den Seitenschiffen. Der stämmige Turm ist zur Hälfte in das Westjoch des Mittelschiffes einbezogen. Entgegen mancherlei früher geäußerten Vermutungen ist die Kirche, wie die stilistische Einheitlichkeit zeigt und wie es Untersuchungen am Mauerwerk anlässlich der Restaurierung von 1974/75 bestätigt haben, ein in einem Zuge errichtetes Bauwerk. Der Bau ist recht gut datiert. In der Urkunde vom Mai 1287, die den Streit um die ursprüngliche, den Dominikanern zugewiesene Pfarrkirche St. Maria in vinea mit einem Kompromiss abschloss, versprach Otto, erwählter Bischof von Paderborn und Landesherr, die neu zu errichtende Marienkirche der Altstadt, die auch das Taufrecht haben sollte, „ohne Kosten für die Bürger“ weihen zu wollen. Im September 1290 verkaufte der Bischof den Bürgern der Altstadt seinen unteren Hof (curiam nostram inferiorem adiacentem veteri opido Wartberg), so dass das Baugelände für Kirche und Stadterweiterung gegeben war. Im Juli des Jahres 1297 trennte der Bischof die Altstadtpfarre, die 1287 vorübergehend mit der Petripfarre „ außerhalb der Mauern“ vereinigt worden war, wiederum von dieser. Das setzt voraus, dass zu diesem Zeitpunkt die Altstadt über ein für Gottesdienste benutzbares Kirchengebäude verfügte, d.h. , dass die neue Pfarrkirche – sie wird in der Urkunde schlicht nur als „ecclesia sanctae Marie veteris opidi“ bezeichnet – im wesentlichen fertig gestellt war. Ohne genaue Quellenangabe nennt Hagemann als Datum der Weihe „sub titulo visitationis beatae Mariae virginis“ den 19. Juni 1299. Damit ergibt sich als Erbauungszeit das letzte Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts.

Spätere Zutaten haben den ursprünglichen Bestand nur unwesentlich verändert. An der Nordseite des Chores entstand als Sakristei im Jahre 1429 die heutige Marienkapelle. Im 19. Jahrhundert brach man neben dem Südportal das dreiteilige Fenster ein, das sich unter anderem durch das Fehlen des äußeren Gewändes von den übrigen Kirchenfenstern unterscheidet. Der Turm erhielt 1899/1900 statt des überkommenden vierseitigen Daches – wie des heute noch der Kirchturm von Welda besitzt – ein weiteres, fünf Meter hohes Geschoß mit Umgang und 30 m hoher Spitze in Form einer achtseitigen Pyramide.Die jetzige Sakristei an der Südseite des Chores wurde im Jahre 1947 errichtet.

Das Innere der Kirche

Der Kirchenraum hat zwei wesentliche Elemente mit den beiden anderen Pfarrkirchen gemeinsam, die Grundform der Halle und die große Höhe der Gewölbe. Im übrigen verbindet sich hier eine Vielzahl künstlerische Einflüsse unterschiedlicher Herkunft zu einer sehr eigenständigen Raumgestalt.

Die untere Turmhalle, als westliche Eingangshalle dienend, unterscheidet sich stark vom übrigen Kirchengebäude. Der nicht sehr hohe Raum wird von quadratischen Kreuzgradgewölben überdeckt, deren Trenngurte auf eine schlanke Mittelstütze zulaufen. Dieser Pfeiler ist eine elegante Steinmetzarbeit bereits der Hochgotik.

Eine für die mittelalterliche Architektur bezeichnende Einzelheit hat erst die Restaurierung von 1974/75 wieder sichtbar gemacht. Die zur Gliederung des Raumes wichtigen Architekturelemente Pfeiler, Rippen, Fenstergewänder, Portalbögen und Turmkanten waren farbig behandelt. An zahlreichen Stellen der Eckquaderung des Turmes, an den Bögen der Durchgänge der unteren Turmhalle und am Gewände des Chorfensters über dem Eingang zur Marienkapelle erkennt man am fahleren Ton des Grüns die freigelegten erhaltenen Partien der um 1300 entstandenen weißen Quaderung auf grünem Grund, nach deren Vorbild die farbige Wiederherstellung des gesamten Kirchenraumes erfolgt ist. Auf die tatsächliche Struktur des Mauerwerkes nahm der mittelalterliche Malen ebenso wenig Rücksicht wie auf die wirkliche Farbe des verwendeten Steinmaterials. Das Grün der aufgemalten Quader ist zweifellos auf die Einflüsse aus dem Soester Raum zurückzuführen, in dem der glaukonithaltige grünliche Sandstein vom Haarstrang das Gesicht sakraler und profaner Bauten prägte. Dass die Ausmahlung der Kirche im Übrigen dem stilistischen Wandel unterlag, belegt ein sichtbar belassenes kleines rechteckiges Feld am Gewände des nördlichen Chorfensters; es zeigt in bräunlichen Tönen die Ornamentik der Renaissance.

Vieles ist gerade hier der Zeit zum Opfer gefallen. So erinnert der Schlussstein mit der Warburger Lilie und der Jahreszahl 1836 im Mittelquadrat des Kirchenschiffes an die Erneuerung dieses Gewölbes nach seinem Einsturz im Jahre 1833; dabei sind naturgemäß etwa vorhandene Reste älterer Gewölbemalerei verloren gegangen. Das Bild zeigt den Schlussstein über dem Hochaltar mit dem Osterlamm.

Kunstwerke der Kirche
Die zahlreichen Kunstwerke der Kirche repräsentieren vorwiegend die Zeit der Spätgotik und die des Barock. Die älteste Plastik ist die in der Heiliggrabnische (am nördlichen Seitenschiff) befindliche Pietá , die früher in der Erasmuskapelle stand. Das Werk, das sich durch seine Größe (Höhe 117 cm), durch die weichere Behandlung des Leichnams Jesu, durch den großzügigen Faltenwurf des ganzen Körper Mariens einhüllenden Gewandes, besonders aber durch die innige Zuwendung der Mutter zu ihrem toten Sohn gegenüber der Neustädter Pieta als wesentlich jünger erweist, muss im zweiten Drittel des 15. Jahrhunderts entstanden sein.

Weitere Kunstwerke sind unter www.st-marien-warburg.de beschrieben.

Pfarramt

Pfarrer Wolfgang Fabian
Josef-Kohlschein-Str. 9
34414 Warburg
Tel. 05641-2301 oder 7488132
st.marien-warburg(at)t-online.de


Mit freundlicher Genehmigung der Kirchengemeinde
OI-W-12
weiterführende Links:

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