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Die Orgel in St. Peter Recklinghausen

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Platzierung und Aufbau
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Disposition

Die Geschichte
Ausstattung
Die Glocken
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Allgemein

Nach einer mehrjährigen Planungs- und Bauzeit wurde die neue Klais-Orgel in der Eucharistiefeier am Vorabend zum Hochfest Allerheiligen, am 31. Oktober 2005 durch Weihbischof Dr. Josef Voß eingeweiht. Mit der Wahl der Werkstatt Johannes Klais aus Bonn ist eine der bedeutendsten deutschen Orgelbaufirmen beauftragt worden, die im Bistum Münster besonders durch den Bau der Domorgel und deren jüngsten Erweiterung mit einem Auxiliar-Werk herausragende Akzente gesetzt hat.
Platzierung und Aufbau

Die neue Orgel in St. Peter wurde in die Turmöffnung über dem Hauptportal positioniert. Der übersichtliche Werkaufbau ist am Äußeren der Orgel deutlich abzulesen: Rechts und links befinden sich zwei markante Pedaltürme mit dem Octavbass 8' im Prospekt, dazwischen hängt hervorgezogen das schlanke Rückpositiv. Gekrönt wird der Orgelprospekt durch das majestätische Hauptwerk in der zentralen Achse der Turmempore; im Prospekt das Klangfundament der Orgel, der Prinzipal 8'. Das Schwellwerk befindet sich in einem starkwandigen Gehäuse hinter dem Hauptwerk; Jalousieklappen ermöglichen eine feine Differenzierung des Klanges, der durch das Hauptwerksgehäuse in das Kirchenschiff gelangt. Die Rückseite der Orgel ist geprägt von den massiven Holzpfeifen des Subbass 32'. Durch die Öffnung der hinteren Empore kann der kraftvoll sonore Bass des Großpedals durch Schallreflexion unter der Orgel hindurch in das Kirchenschiff gelangen.

Das klangliche Konzept der Orgel wurde einerseits mit dem Platz in der Turmöffnung in Einklang gebracht, andererseits galt es, die Architektur der Kirche in zeitgenössischer Form aufzugreifen. So nimmt die Prospektgestaltung Bezug zum klassisch-barocken norddeutschen Hamburger Prospekt, das Schwellwerk mit dem dominanten nach hinten versetzen Großpedal weist zugleich auf ein symphonisches Klangkonzept der Neuzeit hin.

Erläuterungen zum Aufbau der Disposition

Unserer Orgel-Disposition liegt die Idee zugrunde, durch Rückschau besonders auf die westfälische Orgelbautradition des Orgelbauers CASPAR MELCHIOR VORENWEG (1753-1844) zu einer Neudeutung seines Klangkonzeptes zu finden. VORENWEG hat in der Stiftskirche Cappenberg ein bemerkenswertes Instrument geschaffen, dass jüngst durch die Werkstatt Klais umfangreich restauriert wurde. Die Cappenberger Orgel weist in ihrer Disposition deutsche und französische Wurzeln zugleich auf. Wir finden klangvolle französische Zungenstimmen, kombiniert mit grundtönigen Prinzipalen, tragenden Flötenstimmen und gravitätischen Mixturen.

In vielen Detailgesprächen haben Kreisdekanatskantor Thorsten Maus, Orgelbauer Philipp C. A. Klais und der bischöfliche Orgelsachverständige nun auf dieser Grundlage eine abwechslungsreiche Disposition erstellt. Dabei kam CASPAR MELCHIOR VORENWEGS Vorliebe für den farbigen französischen Klang der Zungenstimmen unseren Klangvorstellungen im Kirchenraum von St. Peter besonders entgegen. Doch eine einseitige Kopie kam für die Planungen in Recklinghausen nicht in Frage: Während wir in Cappenberg im Positiv der Hauptorgel noch eine enge streichende nicht überblasende Flaut Travers 8' finden, ist in der Propsteikirche im Rückpositiv nun die Traversflaut 8' disponiert, eine weich überblasende Flötenstimme. Dabei kam der im Rückpositiv beschränkte Platz den Planern entgegen. Wie in Cappenberg ist die Traversflaut nur ab der Mittellage ausgebaut. So kann ähnlich einer geteilten Lade im Rückpositiv eine Zweimanualigkeit angedeutet werden.

Bei der Pfeifenintonation wurde Wert darauf gelegt, dass die einzelnen Register zunächst ihre besondere Entfaltung in ihrem solistischen Einsatz erhalten. Ein erstaunlicher Klangreichtum kann bereits durch wenige Registerkombinationen erzielt werden. Die Prinzipal-, Flöten- und Zungenregister sind ideal für solistische Registrierungen geeignet und klingen besonders überzeugend, wenn sie alleine genutzt werden. Für Klangfarben der Romantik können die 8'-Stimmen aber auch bestens kombiniert werden und bieten warme Nuancierungen. Die Zungenstimmen sind nach dem Vorbild VORENWEGS auf dem sogenannten Bourdon-Punkt intoniert, d. h. im Klang nimmt man einen sanften Gedacktton wahr, der den Zungen Grundtönigkeit verleiht. Gerade bei barocken Registrierungen sind also Ergänzungen der Zungen durch Flöten und/oder Prinzipale nicht notwendig, sie machen den Klang eher undurchsichtig und schwerfällig.

Das Cromorne im Rückpositiv ist eine wunderbare solistische Stimme mit einer ausgefallenen Charakteristik. Im Plenum des Rückpositives wächst es zu einer eleganten Trompete.

Das Hauptwerk bietet verschieden abgestufte Plenumformen sowohl auf 8'- als auch auf 16'-Basis. Mit der dunklen Prinzipalquinte kann ein labiales Vorplenum registriert werden, das durch die kraftvolle Mixtur 5fach zu einem gravitätischen Organo Pleno erweitert werden kann. Das Cornet gehört nicht in das Mixturenplenum, vielmehr ist es eine runde tragende Solostimme und bildet zugleich eine ideale Ergänzung zur Trompete 8’ nach französisch-barocken Vorbildern. Für das Grands Jeu können neben Trompete und Cornet Oktave 4' und evtl. auch Gedackt 8' hinzugezogen werden. Ein Dialogue sur les grands jeu kann alternierend mit dem vorgenannten Plenum des Rückpositivs mit erstaunlicher Authentizität musiziert werden. Wenn gewünscht, kann Clairon 4' aus dem Schwellwerk an das Hauptwerk angekoppelt werden und verleiht dem Plenum eine enorme Brillanz.

Das Schwellwerk bietet eine Fülle von bemerkenswerten Klangvariationen, darunter ein vollständig überblasender Flötenchor, bestehend aus Flûte harmonique 8', Flûte octaviante 4' und Octavin 2' sowie die typisch französisch-romantische Kombination Viole de Gambe 8' und Voix céleste. Die Oboe des Schwellwerkes ist als Basson-Hautbois gebaut. In der tiefen Lage haben die Pfeifen den fülligen Klang eines Fagottes, in der Höhe wechselt er über in die lyrische Oboenfarbe, eine charakteristische Solostimme. Besonders erwähnt sei noch die Farbkombination von Flöte und Streicher (hier Flûte harmonique 8' und Viole de Gambe 8') als Klarinettenimitation, die in der deutschen Orgelmusik des 19. Jahrhunderts eine ähnliche Funktion hat wie das Register Hautbois 8' in der französisch-romantischen Orgelmusik, die dort die Grundstimmen charakteristisch einfärbt und einen Übergang zu den stärkeren Zungenstimmen Trompette harmonique 8' und Clairon 4' erlaubt.

Das Pedal ist geteilt in ein Kleinpedal mit den Pedaltürmen im Prospekt der Orgel und einem Großpedal im rückwärtigen Teil des Instrumentes. Aus Platzgründen wurde das Pedal klein besetzt, wirkt aber dank weiter Mensuren äußerst tragfähig im Kirchenraum. Auch hier kann sparsam registriert werden. Posaune 16' reicht in der Regel für das labiale Plenum, nur für sehr starke Registrierungen kann die Trompete 8' ergänzend hinzugezogen werden.

So findet unser Klangkonzept Anknüpfungspunkte an barocke französische und deutsche Vorbilder, ist gleichzeitig aber auch der romantischen Orgeltradition beider Orgellandschaften verpflichtet; eine Synthese, die schon JOHANN CASPAR VORENWEG in seiner westfälischen Orgelbaukunst gesucht hat.

Disposition:

I. Rückpositiv

II. Hauptwerk

III. Récit

Pedal

Bordun 8' Bordun 16' Bourdon 16' Subbass 32'
Traversflaut 8' ab a° Principal 8' Flûte harmonique 8' Principal 16'
Principal 4' Gedackt 8' Bourdon 8' Subbass 16'
Rohrflöte 4' Konzertflöte 8' Viole de Gambe 8' Octavbass 8'
Nazard 2 2/3' Octave 4' Voix céleste 8' Gedacktbass 8'
Waldflöte 2' Blockflöte 4' Prestant 4' Octave 4'
Terz 1 3/5' Superoctave 2' Flûte octaviante 4' Posaune 16'
Larigot 1 1/3' Quinte 2 2/3' Nazard 2 2/3' Trompete 8'
Piccolo 1' Cornet V 8' ab f° Octavin 2'
Cromorne 8' Mixtur V 2' Tièrce 1 3/5'
Tremulant Trompete 8' Plein Jeu IV 2 2/3'
Basson 16'
Trompette harmonique 8'
Hautbois 8'
Clairon 4'

Tremulant


Manualumfang C-a3
Pedalumfang C-g1
Mech. Spiel-/ elektr. Registertraktur
Normalkoppeln
Sub / Super III
Sub / Super III-II
Super III-Pedal


Text und Bilder: Ulrich Grimpe, Referat Kirchenmusik
E-Mail: kirchenmusik@bistum-muenster.de

Die Geschichte

Warscheinlich ist die Kirche St. Petrus in Recklinghausen aus einer Kapelle der an den Hauptverkehrswegen angelegten Haupthöfe entstanden. Dies belegen Ausgrabungen, die Anfang des 20. Jahrhunders gemacht wurden. Das genaue Datum und Aussehen ist jedoch nicht bekannt.

1247 wütete ein furchtbarer Brand in der Stadt, der viele Häuser und auch die Kirche zum Teil stark beschädigte. Die Menschen bauten erst ihre Hauser wieder auf, Geld für einen Kirchenneubauz war nicht vorhanden. Der Erzbischof schrieb an die Umliegenden Pfarrer, die Almosensammler freundlich aufzunehemn und sie vor allen anderen zu bedienen und versprach den Spendern Ablaß.

Im Jahre 1500 fand erneut ein verherender Stadtbrand statt, bei dem jedoch einen Teil der Kirche erhalten blieb, so daß Gottesdienste abgehalten werden konnten. Lediglich der Turm wurde schnell wieder aufgebaut, da er auch als Wachturm diente, der die Stadt und das Umland übersah.

Dieser Turm erhiehlt dann auch neue Glocken, sie wurden vom sehr bekannten Glockengießer Gerhard van Wou gegossen (siehe unten).

Den Grundstein des Kirchenwiederaufbaus und Erweiterung legte der Baumeister, Hendric de Suer aus Coersfeld, im Frühjahr 1519 persönlich.

Die Einweihung fand am 17. September 1525 statt, die Petruskirche wurde feierlich eingesegnet.

Im 17. Jahrhundert litt die Bevölkerung von Recklinghausen stark unter dem Dreißigjährigen Krieg, es gab eine schwere Petwelle, die viele Menschen hinwegraffte und eine erneute Feuererstbrunst erschwerte den Aufbau und die Instandhaltung der Gebäude. Viele Häuser wurden nach dem Krieg nicht weider aufgebaut, der Kirche fehlten die Mittel zur Renovierung iund der Handel und Handwerk satnden still. 1652 stürzte der baufällig gewordene Turm der kirche ein. Trotz der Finanznot beschloß die Kirche, einen neuen Turm zu bauen und beauftrage noch im selben jahr einen Baumeister, dessen Arbeit jedoch nicht vollendet wurde. Erst im Jahre 1670 stand der Turm fertig wieder errichtet.

In der Zeit danach erfuhr die Kirche immer wieder Erneuerungen und Renovierungen, da durch die Brände auch die Substanz angegriffen war.

1931 wurde die herausragende Stellung der Kirche in den Anfängen des Christentum gewürdigt, indem sie zur Probsteikirche erhoben wurde, eine bis dahin seltene Auszeichnung einer Industriestadtkirche.

Im zweiten Weltkrieg versank die Kirche dann fast ganz in Trümmern, eine Luftmine detonierte nahe des Gebäudes und beschädigte es schwer. Die Aufbauarbeiten wurden jedoch schon 1949 eingeleitet.

Ausstattung

Die Ausstattung der Kirche an Kunstschätzen ist recht gering, da die Feuerstbrünste von 1247 und 1500 vieles der alten Schätze zerstörten. Doch ein paar sehr vertvolle Dinge gibt es zu sehen.

Der sogenannte Baumeisterkopf, der hoch unter dem Gewölbe sitzt, ist nicht ganz eindeutig dem Baumeister zuzuordnen. Dem Platz nach muss des der erbauer nach 1500 gewesen sein, dem Kunststil nach kommt er aus dem 13. Jahrhundert. Vielleicht wurde er einfach als Stützstein wieder verwendet.

Weitere Kunstgegenstände sind einer kostbaren Sammlung sakraler Geräte - Monstranz, Meßkelch, Ziborien und ein Weihrauchfaß. Einige ertvolle Figure und Bilder sind zu sehen, sowie ein frühbarocker Taufstein.

Die Glocken

Der Kirchturm von St. Peter in Recklinghausen beherbergt seit 500 Jahren drei ganz besondere Kostbarkeiten. In kultur- und musikgeschichtlicher Hinsicht sind sie nicht nur für die Region, sondern auch deutschland- und europaweit äußerst bedeutsam. Es handelt sich dabei um die im Jahre 1500 von dem niederländischen Meister Gerard van Wou gegossenen Glocken, die die Namen St. Peter, St. Johannes und Maria tragen.

Gerard van Wou, der unter den Glockengießern einen ähnlichen Ruf genießt wie Antonio Stradivari unter den Geigenbauern, verstand es - wie niemand vor und nur wenige nach ihm - Glocken zu fertigen, die in ihrer Tonfülle und formalen Schönheit ihresgleichen suchen. Klanganalysen zeigen, dass sie eine Klangfarbenpalette aufweisen, die sogar modernen Schöpfungen häufig überlegen ist. Die Van-Wou-Glocken hat man deshalb auch lange nach dem Tode ihres Gießers' immer wieder versucht zu kopieren. Insgesamt existieren von diesem bedeutenden und einst sehr produktiven Meister in Deutschland noch fünfzig Glocken.

Die St.-Peter-Glocke in Recklinghausen ist die achtgrößte Van-Wou-Glocke in Deutschland und die vierzehntgrößte in ganz Europa. Die drei alten Glocken im Turm der Recklinghäuser Petruskirche - St. Peter, St. Johannes und Maria -bilden zusammen schließlich eines von nur noch zwei vollständig erhaltenen (Dreier-) Geläuten Gerard van Wous in ganz Deutschland. Das andere befindet sich im Braunschweiger Dom. Selbst die Gloriosa in Erfurt, die wohl bekannteste und größte Glocke dieses niederländischen Glocken- und Geschützgießers hat heute keine Original-Geschwister mehr.


St. Peter ist die größte der drei Glocken, die Gerhard van Wou und seine Helfer im Jahre 1500 gegossen haben.

St. Johannis, die zweitgrößte der drei Van-Wou-Glocken.

Maria ist die kleinste der drei Recklinghäuser Van-Wou-Glocken.

Foto: aus "Eine kleine Geschichte der Glocken und die Glocken von St. Peter in der Geschichte" von Christoph Thüer

Kontakt

Katholisches Pfarramt Propstei St. Peter

Kirchplatz 4
45657 Recklinghausen

Telefon: 02361-10 56 0
Telefax: 02361-10 56 10
stpeter-recklinghausen(at)bistum-muenster.de


Mit freundlicher Genehmigung der Kirchengemeinde (Thorsten Maus)
Bilder: Gerd Demes, Recklinghausen
OI-R-1
weiterführende Links:

Webseite St. Peter Recklinghausen