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Die Orgel der Neuapostolischen Kirche Pliezhausen

Konzeption
Disposition

Konzeption

Die Orgel ist das erste Instrument der Firma Krauter & Teichmann GbR, die von ehemaligen Mitarbeitern der Firma Mühleisen, Leonberg, gegründet wurde und zeitweise unter dem Namen Orgelbau Braun GbR (mit der Absicht der Fortführung der Firma Orgelbau Wolfgang J. Braun) geführt worden war.

Das Instrument entstand in einer architektonisch schwierigen Situation: Am niedrigsten Punkt des sich zum Altar hin sehr stark erhöhenden Kirchensaals stehend, bleiben der Orgel außen ca. 4 m Gesamthöhe unter einer abgehängten Decke um nach vorne auszusprechen, die Schwellerlamellen enden noch tiefer. Im Inneren ist eine Höhe von ca. 4,50 m gegeben. Dabei steht das Instrument mit nur wenig Abstand hinter der letzten Bankreihe; davor ca. 250 Sitzplätze, die auch beim Gemeindegesang der stehenden Gemeinde beschallt werden müssen. Direkt vor dem Instrument verläuft der einzige Zugang zum Kirchensaal, ständiger Kontakt zwischen Personen und Instrumententeilen ist damit vorgegeben.
Der Spieltisch ist seitlich angebaut, wodurch eine direkte technische Anlage möglich wurde, der Organist aber auch klanglich abgeschottet (dank Akustikmaßnahmen im Saal kommt der Klang kaum von dort zurück) doch nahe bei den vorbeigehenden Gemeindemitgliedern sitzt.
Die Problematik des zu niedrigen Standortes (Klangausbreitung auf Höhe des verlängerten Rückens und hinter der stehenden Gemeinde) und der Berührungs- und Beschädigungsgefahr für die Pfeifen durch Vorbeigehende führte zu Konsequenzen im Konzept der Orgel:

  1. Der akustisch schlechtestmögliche Standort hätte ganz einfach durch Lautstärke ausgeglichen werden können, erhöhter Winddruck und sehr starkes Volumen hätte die hintere Hälfte des Kirchenschiffes für die Gemeinde zu einem unbequemen Ort gemacht. Statt dessen wurde auf einen Klangaustritt möglichst nah der Decke über den Einbau von waagerechten Zungen, spanischen Trompeten, sowie einen obertonreichen, von deutlichen Ansprachegeräuschen begleiteten Orgelklang, der zudem auch in die tieferen Frequenzen durch die Transmission und Verlängerung des Pedalregisters zu 16' ins Manual gestützt wird, gesetzt. Das führte konsequent zu einer Orientierung der Stilistik am spanischen Barock.

  2. Die Beschädigungsgefahr der Pfeifen wurde durch eine Schwellwand minimiert, hinter der die Pfeifen mit Abstand zu den Lamellen vor direktem Zugriff geschützt sind. Dadurch ergab sich aber auch die Möglichkeit, den Gesamtklang und die Obertonstärke durch Schließen der Lamellen zu reduzieren.

Das Gehäuse umschließt nicht alle vier Wände, die Rückwand und eine Seitenwand werden durch die Nischenwände gebildet. Teile der vorderen Gehäusewand mit den Schwellerlamellen wurden wegen der einheitlichen Optik von der Schreinerei geliefert, die auch die Schrankelemente links von der Orgel lieferte, und vom Orgelbauer verbaut. Hier (furniertes Plattenmaterial) entsteht ein kleiner Kontrast zur sehr sauber und ästhetisch ausgeführten massiven Holzverarbeitung im Inneren der Orgel.

Die Mechanik (Spieltraktur, Registertraktur) funktioniert einwandfrei, angenehm und leichtgängig. Die seitenspielige Anlage wurde passend zur modernen Einbindung des Gehäuses auch nach moderner BDO-Norm gefertigt.

Entsprechend des stilistischen Konzepts wurde ein einziger großer Keilbalg als Magazinbalg gewählt, der fast die gesamte Breite der Orgel im Untergehäuse einnimmt. Dadurch wurde historisch orientiert auch ein atmender Wind intendiert, der in den höheren Registern bei entsprechend harter Spielweise deutlich spürbar ist. Der Winddruck wurde auch mit Rücksicht auf die nahe am Instrument sitzende Gemeinde möglichst niedrig mit 60 mm WS angelegt.

Klangliche Grundlage bildet der Flautado 8', ein weicher und entspannter Prinzipal, der zur Tiefe hin vom Flautado 16' (der Transmission des Contras aus dem Pedal, der ab c° als offene Holzflöte gebaut ist) gestützt, nach oben von der kräftigeren Octava 4' aufgehellt wird. Die dreifache Corneta wurde in Einzelzüge zu 2', 2 2/3' und 1 3/5' unterteilt, mit den in den tiefen anderthalb Oktaven in die Oberoktave geführten Aliquoten (1 1/3' und 4/5') wird der Baß aufgehellt und die hohe Mixtur auf 1'-Basis, der Lleno, besser angebunden. Die Flöten zu 8' und 4' wurden über Wechselschleifen auch im zweiten Manual spielbar gemacht, in das auch das leiseste Register, der Violon 8', gesetzt wurde. Dieser nimmt sein Vorbild eher von einem süddeutschen barocken Streicher und färbt damit trotz der geringen Lautstärke sehr gut auch in verschiedenen Klangkombinationen. Vom zweiten Manual aus wird ebenfalls die Clarin 8' angespielt, die auf architektonische Vorgabe hin leider erst ab g° waagerecht über den Lamellen herausragt. Mit ihr kann sogar zum Tutti des ersten Manuals eine Solostimme zur Führung der Gemeinde ausgeführt werden. Dabei bleibt sie bei ca. 60 mm Winddruck und Kondukten von über 3 m Länge erstaunlich präzise in der Ansprache und unaufdringlich im Ton.

Die Temperierung der Orgel wurde nach Wiegleb angelegt, wodurch die Tonarten mit wenig Vorzeichen bevorzugt werden.
Mit diesem Konzept wurde bei schwierigster Ausgangslage ein vielfarbiges und vielfältiges, in der Dynamik sehr weit gefächertes Instrument realisiert, das mit sehr feinsinniger und ausgearbeiteter Intonation begeistert.

Andreas Ostheimer

Disposition

Erbauer: Krauter & Teichmann, Pforzheim / Bodelshausen, 2016
Fertigstellung: Sept 16
Abnahme: 02.10.2016
erstes Konzert: 30.10.16

Manual I Manual II Pedal
Flautado 16'
(TM aus Contras, ab c°, Holz offen)
Bordón tapado 8'
(WS)
Contras 16'
(C-H Holz gedeckt, ab c° Holz offen)
Flautado 8' Violón 8'  
Bordón tapado 8' Tapadillo 4'
(WS)
 
Octava 4' Clarín 8'
(volle Länge, ab g° horizontal)
 
Tapadillo 4'    
Docena 2 2/3'
(C-fs° 1 1/3')
   
Quincena 2'    
Diez y setena 1 3/5'
(C-fs° 4/5')
   
Lleno 4f. 1'    

Art der Traktur und Laden: mechanisch/Schleiflade
Alle Register (außer Horizontalzungen) im Schweller (Handzug "Eco")
Koppeln: II/I, I/P, II/P

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mit freundlicher Genehmigung von Andreas Ostheimer
OI-P-17