Zur Geschichte der Orgel
Die Orgel der Nikolaikirche zu Leipzig wurde 1862 von dem Weißenfelser Orgelbaumeister Friedrich Ladegast erbaut. Mit 84 Registern auf vier Manualen und Pedal und einem offenen Register von 32 Fuß im Prospekt war sie sein größtes Werk und zugleich auch die größte Orgel des Königreiches Sachsen. Auch heute ist sie noch bzw. wieder die größte Orgel des Freistaates.
1902/03 wurde die Orgel durch die Firma Wilhelm Sauer umgebaut, wobei das klingende Pfeifenwerk weitgehend beibehalten wurde. Die technische Einrichtung aber wurde auf den “neuesten Stand” gebracht, was bedeutet, dass die musikalisch sinnvolle Anlage des Instrumentes verloren ging. Die mechanischen Schleifladen wurden durch pneumatische Kegelladen ersetzt.
Der Platzbedarf für die in das Hauptgehäuse verlegte Windanlage und die neueingebauten Systeme war zu groß für das wenig tiefe Gehäuse. Das Innere der Orgelwar total verbaut, der Klang der Pfeifen konnte sich kaum entfalten.
Seit den 80er Jahren hatte die Orgel zudem eine elektropneumatische Traktur. Diese vermeintlich “neue Technik” zog allerdings große Verschleißerscheinungen nach sich und hat sich damit als äußerst störanfällig erwiesen.
Bestandsaufnahme
Das Gehäuse von 1862 war komplett erhalten, das prunkvolle Äußere mit allen Vergoldungen und der originalen Fassung aber übermalt. Etwa 2/3 des Klangmaterials waren komplett erhalten, ein weiterer Teil teilweise. Neun Register fehlten ganz, darunter alle Zungenregister.
Die Besonderheit dieser Ladegast-Orgel
Ladegast hatte sich auf ausdrücklichen Wunsch des damaligen Sachverständigen, Hoforganist Schneider aus Dresden, für die Plena am Klangbild Gottfried Silbermanns orientiert und damit das für Leipzig so wichtige Instrument für die Orgelmusik Bachs im Sinne der Bachtradition des 19. Jahrhunderts geschaffen. Mit den Instrumenten der Thomaskirche ergibt sich so durch die Wiederherstellung der Ladegastschen Konzeption ein musikalisch lückenloses Bild der Bachpflege.
Es waren die großen Instrumente der frühen Schaffensperiode von Ladegast, die die große Begeisterung für das neue Instrument Orgel, die “frühromantische Orgel”, auslösten. Die Orgel in der Nikolaikirche ist das ideale Instrument für die Wiedergabe der Musik von Mendelssohn, Liszt, Reubke, Brahms und anderen Komponisten dieser Zeit. Die Darstellung der Orgelwerke von Max Reger findet hier ebenfalls beste Voraussetzungen. Mit der Wiedergewinnung der Ladegast-Orgel könnte Leipzig wieder das Zentrum der Orgelmusik des 19. Jahrhunderts sein.
Konzept zur Erneuerung
Mittelpunkt der Erneuerung durch die Firma Eule war die klangliche Wiederherstellung des in seiner Zeit vielgerühmten Instrumentes von Ladegast. Durch bereits durchgeführte Restaurierungen an Ladegast-Orgeln und durch Rekonstruktion der fehlenden Register nach Vorbildern in den noch vorhandenen großen Orgeln im Merseburger und Schweriner Dom konnte das originale Klangbild von Ladegast in seiner Ganzheit wiedergewonnen werden.
Das Instrument wurde außerdem wieder mit mechanischen Schleifladen versehen, da es das technische System ist, das diesem Orgeltypus entspricht, und das Ladegast immer engagiert verteidigt hat. Mit 103 Registern ist die Orgel in der Nikolaikirche Leipzig die derzeit größte in Sachsen.
Oktober 2004 – Abschluss der Orgelerneuerung und Restauration des Kirchenraums
Die Sanierungsarbeiten am Innenraum der Nikolaikirche sowie die Erneuerung der Ladegast-Orgel konnten planmäßig abgeschlossen werden. Am Reformationsfest, dem 31. Oktober 2004, wurden in einem Festgottesdienst die Orgel und der Kirchenraum der Gemeinde übergeben. Seitdem ist die Orgel in den Gottesdiensten und vielen Orgelkonzerten in der Nikolaikirche zu hören. |
Disposition
5 Manuale, 103 Register, 6.804 Pfeifen
1862 erbaut mit 84 Registern von Friedrich Ladegast (Weißenfels)
1903 Umbau durch Wilhelm Sauer (Frankfurt/Oder)
1987 Einbau einer elektropneumatischen Traktur durch W. Sauer Orgelbau
(Frankfurt/Oder)
2004 restauriert anhand von ca. 2/3 noch vorhandenen Original-Materials inkl. Rückbau
auf mechanische Traktur und geringfügig erweitert durch Hermann Eule Orgelbau
(Bautzen), Spieltisch designed von Porsche
I. Hauptwerk |
II. Oberwerk |
III. Récit |
IV. Brustwerk |
V. Echo |
Pedal |
Bordun 32‘ L (ab c) |
Principal 16‘ L (ab c) |
Stillgedackt 16‘ E |
Lieblich Gedackt 16‘ L |
Viola 16‘ L |
Principalbass 32‘ L |
Principal 16‘ L |
Quintatön 16‘ L |
Diapason 8‘ S |
Geigenprincipal 8‘ L |
Sanftflöte 8‘ L, E |
Untersatz 32‘ S |
Bordun 16‘ L |
Prinicipal 8‘ L |
Flûte traversière 8‘ S |
Flauto Traverso 8‘ L |
Lieblich Gedackt 8‘ L |
Principalbass 16‘ L |
Principal 8‘ L |
Bordunalflöte 8‘ L |
Viola di Gamba 8‘ S |
Doppelflöte 8‘ L |
Viola d’amour 8‘ L |
Subbass 16‘ * |
Flaut major 8‘ E |
Rohrflöte 8‘ L |
Aeoline 8‘ S |
Harmonica 8‘ L (ab c) |
Salicional 8‘ L |
Violon 16‘ L |
Doppelgedackt 8‘ L |
Quintatön 8‘ L |
Voix céleste 8‘ S (ab c) |
Octave 4‘ L |
Unda maris 8‘ (2fach) L (ab c) |
Salicet 16‘ L |
Gemshorn 8‘ L |
Fugara 8‘ L |
Flûte octaviante 4‘ E |
Octavflöte 4‘ L |
Zartflöte 4‘ L |
Terz 12 4/5‘ L |
Gambe 8‘ L |
Octave 4‘ L |
Octavin 2‘ E |
Piffaro 4‘ E |
Viola 4‘ L |
Nasat 10 2/3‘ E |
Rohrquinte 5 1/3‘ L |
Hohlflöte 4‘ L |
Plein Jeu 2 2/3 (4-5fach) S |
Rohrquinte 2 2/3‘ L |
Nasat 2 2/3‘ L |
Octavbass 8‘ L |
Octave 4‘ L |
Gedackt 4‘ L |
Bombarde 16‘ E |
Piccolo 2‘ L |
Violino 2‘ L |
Bassflöte 8‘ L |
Rohrflöte 4‘ L |
Spitzquinte 2 2/3‘ L |
Trompette harmonique 8‘ E |
Scharf 1 1/3‘ (3fach) L |
Harmonica aetherea 2 2/3‘ (3fach) L |
Violoncello 8‘ L |
Spitzflöte 4‘ L |
Octave 2‘ L |
Basson-Hautbois 8‘ E |
Fagott 16‘ E |
Nasat 5 1/3 E |
Terzflöte 3 1/5‘ E |
Waldflöte 2‘ L |
Clairon 4‘ E |
Oboe 8‘ E |
Aeoline 16‘ (lingual) E |
Octavbass 4‘ L |
Quinte 2 2/3‘ L |
Terz 1 3/5‘ L |
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Cor anglais 8‘ S |
Vox humana 8‘ S |
Cornett 2 2/3‘ (5fach) L |
Septime 2 2/7‘ E |
Quinte 1 1/3‘ L |
+ Schweller |
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Posaunenbass 32‘ E |
Octave 2‘ L |
Flageolett 1‘ L |
+ Tremulant (regelbar) |
+ Schweller |
+ Schweller |
Posaunenbass 16‘ E |
Terz 1 3/5‘ L |
Cornett 2 2/3‘ (3fach) L |
Carillon geplant |
+ Tremulant (regelbar) |
+ Tremulant (regelbar) |
Dulcian 16‘ E |
Cornett 2 2/3‘ (3-5fach) L |
Cymbel 2‘ (4fach) E |
Vox populi (Transmission) 8‘ geplant |
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Stahlspiel geplant |
Trompete 8‘ E |
Mixtur 2‘ (4fach) L |
Basson 16‘ E |
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Trompete clarino 4‘ E |
Cymbel 2‘ (3fach) L |
Trompete 8‘ S |
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Trombone 16‘ E |
Clarinette 8‘ E |
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Trompete 8‘ E |
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Trompete 4‘ E |
+ Tremulant (regelbar) |
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Vox populi 8‘ geplant |
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Die Erweiterung um eine Vox populi (eine ArtHochdruck-Tuba), die vom 2. und 3. Manual
spielbar sein wird, ein Carillon (Glockenspiel) auf dem 3. Manual sowie ein Stahlspiel auf
dem 5. Manual sind geplant.
Die Markierung der Ladegast-Register erfolgt mit "L", der Sauer-Register mit "S", der Eule-Register mit "E". Ein Register (*) stammt noch von Trampeli, 1796.
Hilfszüge
- Koppeln
- Fuß- und Handwalze
- Midi / USB
- 4000 Kombinationen
- Piano / Mezzo Forte / Forte / Organo Pleno / Tutti
- Monitor / Audio-System
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