Geschichte der reformierten Gemeinde in Erlangen
Ein Beitrag von Oliver V. Thomas - Gemeindebriefe 2001 bis 2002
Die Ursprünge der Hugenotten
Spricht man von Erlangen, so fällt wohl den meisten zunächst eines der größten deutschen Unternehmen ein, welches in der Stadt einen seiner Hauptsitze hat. Zweifelsohne hat diese Tatsache die städtische Entwicklung in den vergangenen 50 Jahren geprägt.
Die Geschichte der Stadt beginnt jedoch weit früher und erfährt ihren ersten bedeutenden geschichtlichen und wirtschaftlichen Auftrieb mit der Ansiedlung französischer Glaubensflüchtlinge. Bis dahin war Erlangen eine mittelalterliche Kleinstadt, welche im 14. Jahrhundert ca. 300 bis 500 Menschen beherbergte.
Um die Ursprünge der Ansiedlung verstehen zu können, ist zunächst ein Blick über die Grenzen nach Frankreich zu werfen. Im Jahre 1509 wurde in Noyon in Frankreich Johannes Calvin geboren. Er wurde zu einem der bedeutendsten Theologen und beeinflußte durch sein Wirken die Geschehnisse in Frankreich, welche später unter dem Schlagwort "Reformation" in die Geschichte eingehen werden. Die Anhänger seiner Lehren nannte man - vermutlich als Spott - Hugenotten. Sie durchlebten Zeiten der Verfolgung und Progrome. Eines der schlimmsten Vorkommnisse war die sogenannte Bartholomäusnacht 1572: als Reaktion auf die Hochzeit des protestantischen Heinrich von Navarra mit einer Medici-Tochter und seiner anschließenden Konvertierung zum Katholizismus, wurden in ganz Frankreich in einer Nacht ca. 20.000 Hugenotten ermordet.
Erst 26 Jahre später sicherte Heinrich IV. durch das Edikt von Nantes den Hugenotten Glaubensfreiheit und das Recht der freien Religionsausübung zu. Dieser Rechte wurden die Hugenotten 87 Jahre später durch Ludwig XIV., dem Sonnenkönig, wieder beraubt. Er erließ das Edikt von Fontainebleau und verwies calvinistische Geistliche des Landes. Wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für Frankreich war es allen anderen Bevölkerungsgruppen untersagt das Land zu verlassen. Für Menschen, deren Selbstverständnis eng mit der Ausübung ihrer Religion verbunden ist, kommt eine Befolgung dieser hoheitlichen Weisung kaum in Frage. So ist es verständlich, daß sich noch im gleichen Jahr ca. ½ Million Hugenotten auf den Weg machen, um Frankreich als Glaubensflüchtlinge zu verlassen.
Warum Erlangen?
Die Hugenotten verließen Frankreich in den Jahren 1685 bis 1687. Ihre Wege führten sie vor allem in die östlich an Frankreich grenzenden Staaten. Sehr viele von ihnen führte der Weg in die Schweiz, wo Calvin in Genf und Zwingli in Zürich wirkten. Einige zogen weiter Richtung Norden, wo der damalige Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg-Preußen freie Religionsausübung zusicherte. Auf dem Weg nach Preußen kamen die Flüchtlinge auch durch das Gebiet des Markgrafen Christian Ernst. Ihn verbanden familiäre Beziehungen nach Preußen: Friedrich Wilhelm war zu dieser Zeit sein Vormund.
Das von Christian Ernst regierte Territorium war nicht besonders groß und bestand aus zwei getrennten Gebieten: der größere Teil umfaßte die Gegend um Bayreuth und Hof; der kleinere Teil umfaßte die Gebiete um Erlangen und Neustadt a.d. Aisch. Wirtschaftlich war die Markgrafschaft durch den 1648 beendeten Dreißigjährigen Krieg sehr in Mitleidenschaft gezogen. Viele Höfe und Ortschaften lagen verlassen. Das Ackerland war nicht bestellt.
Um seinem Land wieder auf die Beine zu helfen erließ der Markgraf im November 1685 ein Edikt und bot den Flüchtlingen Aufnahme und Privilegien. Allerdings mußte er dies gegen den Widerstand der Landeskirchenbehörde durchsetzen. Diese sah in den Glaubensflüchtlingen eine Bedrohung.
Wie die Integration der Flüchtlinge stattfinden sollte, war auch vom Markgrafen nicht weiter berücksichtigt worden. Unterschiede in Sprache, Kultur und beruflichen Fähigkeiten waren zu überwinden. Die markgräfliche Bevölkerung bestand zum überwiegenden Teil aus Bauern. Die Flüchtlinge hingegen waren größtenteils Handwerker, sie beherrschten das Manufakturwesen und kannten moderne Formen der wirtschaftlichen Betätigung. Auch die Frage der Religionszugehörigkeit verursachte Probleme. Die lutherischen Geistlichen machten aus ihrer Abneigung zu den Andersgläubigen kein Hehl. Dabei gab es keinen Unterschied zwischen Katholiken und Reformierten. Sie waren andersgläubig und somit unerwünscht.
Der Markgraf maß der wirtschaftlichen Notwendigkeit jedoch die größte Bedeutung zu und verfügte Kraft seiner Herrschaft, daß die Hugenotten für einen wirtschaftlichen Aufschwung notwendig seien.
So kam es, daß nach der Aufhebung des Ediktes von Nantes ca. 1500 Hugenotten nach Erlangen kamen. Zu dieser Zeit war Erlangen eine mittelalterliche Stadt mit 300 bis 500 Einwohnern. Das Zentrum der Stadt lag am Fuße des Burgberges um den heutigen Martin-Luther-Platz.
Man führe sich also vor Augen: fast über Nacht kam die dreifache Bevölkerung und wollte versorgt werden. Entsprechender Unmut machte sich schnell unter der eingesessenen Bevölkerung breit, denn die Flüchtlinge wurden in deren Gehöfen und Häusern zwangsweise einquartiert.
Da die Hugenotten nun im Lande waren, mußten sie auch gehalten werden. Die umliegenden Reiche hatten ebenfalls Interesse an den Hugenotten, ihrem Geld und wirtschaftlichen Fähigkeiten. Was lag also näher, als eine Stadt zu planen? Erlangen bot ausreichend strategische Voraussetzungen: es lag zwischen den Flüssen Regnitz und Schwabach und direkt am Kreuzungspunkt großer europäischer Handelsstraßen. Außerdem war die Gegend südlich der Stadt eben und von Wald umgeben, was die Zufuhr und Versorgung mit Baumaterial ermöglichte. Also wurde der markgräfliche Baumeister Johann Moritz Richter mit der Entwicklung einer Stadt beauftragt. Die Chroniken wissen zu berichten, daß man mit sehr viel Optimismus an die Realisierung des großen Planes ging. Um ein Zeichen zu setzten stiftete der Markgraf den Hugenotten ein eigenes Bethaus. Dieses war der erste Grundstein für das neue Erlangen, wie wir es heute kennen. Doch ganz so einfach wie man es ursprünglich gedacht hatte, sollte es doch nicht werden.
Eine Kirche für die Hugenotten
Die Hugenotten verließen ihres Glaubens wegen die Heimat. Um sie in Erlangen langfristig anzusiedeln mußte also auch ein Ort zur Religionsausübung geschaffen werden. Der Bau einer Kirche wurde daher zum vordringlichsten Anliegen des Markgrafen erklärt. Daß es ihm auch ernst damit war, zeigte Christian Ernst mit der Übernahme der Finanzierung. So kam es, daß bereits zwei Monate nach Ankunft der ersten Flüchtlinge die Grundsteinlegung am 14. Juli 1686 stattfand. Zur personellen Unterstützung stellte der Markgraf ein Regiment Soldaten aus Bayreuth ab.
Der Bau schritt schnell voran. Bereits nach einem Jahr stand der Rohbau. Die Baumaterialien kamen aus der Umgebung: die großen Sandsteinquader wurden aus dem Burgberg gebrochen; das Gebälk stammte von Bäumen aus dem Staatsforst.
Doch ganz so schnell, wie es am Anfang aussah, wurde der Bau nicht fertiggestellt. Warum es genau zu Verzögerungen kam, weiß man nicht genau. Es wird vermutet, daß dem Markgrafen das Geld ausging. Dies mag im Zusammenhang mit einem Streit über die Größe der Kirche stehen. Ursprünglich bevorzugte der Markgraf eine kleinere Bauausführung. Da aber noch mehr Flüchtlinge erwartet wurden, entschied man sich ca. 1691 für die Erweiterung. So wurde aus dem ursprünglich rechteckigen Innenraum ein ovales Zentralschiff mit Empore. Aber auch diese Änderung wurde bescheidener als ursprünglich geplant. Diesmal lag es an der Erkenntnis, daß doch nicht so viele Flüchtlinge kommen und vor allen Dingen bleiben würden. Trotz allem hin und her wurde die Kirche schließlich fertiggestellt um am 26. Februar 1693 feierlich eingeweiht.
Dabei ist darauf hinzuweisen, daß die Kirche damals noch nicht so aussah, wie wir sie heute kennen. Als wesentlicher Unterschied fehlt der Kirchturm und die Orgel. Der Turm wurde erst ca. 40 Jahre später durch die Gemeinde selber errichtet. Hierfür erhielt sie vom Markgrafen ein sogenanntes Kollektenpatent. Dies erlaubte ihnen auch über die Grenzen des Markgrafentums hinaus für den Bau zu sammeln. Die Orgel wurde erst 1755 in Angriff genommen. Sie wurde an ihrem heutigen Platz in die ursprünglich markgrafschäftliche Loge gebaut. Den überwiegenden Teil der Kosten - nämlich 2.000 der 2.738 fl. - übernahm ein Gemeindeglied: der Kaufmann Abraham Marchand.
Auch wenn es reformierter Tradition und Auslegung des zweiten Gebots widerspricht: so ganz ohne Symbole wurde die Kirche doch nicht errichtet. Im Innenraum befinden sich zwölf hölzerne Säulen um das Kirchengestühl. Sie stehen für die zwölf Apostel und erinnern an das Wort des Paulus: „erbaut auf dem Grund der Apostel und der Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist“ (Eph 2, 20). Ob diese Symbolik ursprünglich gewollt war, ist nicht überliefert. Ganz sicher gewollt war die symbolhafte Gestaltung des Grundriß'. Kirche und Turm bilden den Anblick eines Schiffes mit Mast. Sie erinnert damit an die Arche Noah. So verstanden sich die Glaubensflüchtlinge: Als Gemeinde Gottes, getragen durch die Stürme der Verfolgung und nun an neuem Ort kirchliche und irdische Heimat gefunden. Dieses Bild wird durch die Wetterfahne - eine goldene Taube mit Ölbaumzweig im Schnabel - vervollkommnet. Das Kirchensiegel, auf der rechten Seite oben abgebildet, zeigt die Arche Noah mit Taube und Ölbaumzweig übrigens auch.
Eine Besonderheit reformierten Kirchenbaus stellt auch die Gestaltung des Innenraumes dar. Die Gemeinde sitzt im Kreis und nicht wie sonst üblich in einer Linie ausgerichtet. Dieser Kreis wird nur durch die Kanzel unterbrochen. Die Gemeinde versammelt sich damit um den Ort der Wortverkündung. Gottes Wort als wesentlicher Bestandteil des reformierten Gottesdienstes. Die Kanzel selber hat die Form eines Abendmalkelches und ist mit vielen Schnitzereien versehen; Blumenranken, Lorbeerkränze und sogar Engelsköpfchen sind darauf zu finden.
Wie Sie sehen, gibt es viele Details in diesem Bauwerk unserer Kirche. Ich bin sicher, Sie können noch viel mehr entdecken, wenn Sie sich Zeit dafür nehmen. So schlicht, wie unsere reformierte Kirche scheint ist sie nämlich gar nicht.
Die Gründung von „Neu-Erlang“
Im Jahre 1686 wohnten in Erlangen ca. 500 Bürger. Zusätzlich brauchten plötzlich 1.000 Hugenotten ein Dach über dem Kopf. Um die Stadt nicht wild wachsen zu lassen, beauftragte Markgraf Christian Ernst daher seinen Oberbaumeister Johann Moritz Richter mit der Planung einer Stadt. Dieser entwarf einen der damaligen Mode entsprechenden Grundriß: Jeder Straßenzug und jedes Bauwerk wurde Teil eines Gesamtkunstwerkes. Die Stadt als Spiegelbild einer idealen Ordnung - Symmetrie als Maßstab für das weltliche Handeln.
Betrachtet man den sogenannten Richterschen Plan aus der Luft, könnte man denken, die Stadt sei ein Schachbrett. Allerdings handelt es sich nicht um ein quadratisches Raster, sondern um eine Spiegelung entlang der Hauptachse, der "principale Rue". Diese Hauptachse ist die heutige Fußgängerzone und die breiteste Straße der Innenstadt.
Jede Straße, die parallel dazu verläuft, ist im Verhältnis 1:2 schmaler. Die dahinter liegenden Straßen haben nur noch ein Viertel der Breite der Hauptachse. So kommt es, daß in der Goethestraße kaum zwei Autos aneinander vorbeikommen und die westliche Stadtmauerstraße nur als Einbahnstraße zu befahren ist.
Auch die einzelnen Häuser wurden genau nach Plan gebaut. So unterwarf man die Fassade einer von unten nach oben verjüngenden Symmetrie. Dies kann man z.B. noch an der alten Post, dem jetzigen McDonald's erkennen: Die Fenster des Erdgeschosses sind doppelt so groß wie die Fenster des ersten Stockes; die darüber liegenden wiederum nur halb so groß.
Man ging sogar noch weiter und schaffte sogenannte Normhäuser. Jedes Haus hatte dieselbe Tür und dieselbe Fensterform. Die Tür befand sich in der Mitte, rechts und links davon gab es drei Fenster; der erste Stock hatte sieben Fenster.
Diese ursprüngliche Fassade sieht man heute kaum noch. Ein Beispiel ist allerdings an der Nordostecke von Wasserturm- und Hauptstraße erhalten.
Erlangen, so berichten die Chronisten, war eine moderne, helle und freundliche Stadt. Johann Michael Füssel spricht in seinen Reisebeschreibungen 1784 sogar von „einer der schönsten Städte Deutschlands“
Die Hugenotten waren der Anlaß, daß diese neue Stadt überhaupt gebaut wurde. Ihre Bedürfnisse und Wünsche wurden in die Planung durchaus aufgenommen; es ist neben allen Integrationsbemühungen aber auch eindeutig zu erkennen, daß die weltliche Herrschaft des Markgrafen immer noch die höchste Priorität hatte. So ist der heutige Markt-und Schloßplatz bei weitem größer als der Platz, an dem die Hugenottenkirche errichtet wurde.
Trotz aller Ideale und symmetrischer Planungen wurden diese nie vollständig umgesetzt. Berühmtestes Beispiel ist das Schloß, welches im ursprünglichen Plan der Stadt nicht vorkam.
Fremde in der neuen Heimat
Die etwa 1500 Flüchtlinge, die 1686 und 1687 in Erlangen eintrafen, wurden zunächst in der Altstadt Erlangens sowie in den umliegenden Dörfern untergebracht. Es traten schnell Engpässe in der Versorgung und Unterbringung ein. Außerdem bestand die Gefahr von ansteckenden Krankheiten.
Wegen der unterschiedlichen Religion und Sprache kam es zu zahlreichen Mißverständnissen. So waren die alteingesessenen Bürger darüber empört, daß die Hugenotten an lutherischen Feiertagen arbeiteten. Auf Unverständnis stieß auch die Tatsache, daß sie Frösche aßen. Man versuchte sich der Neulinge mit Klageschriften und Bosheiten zu erwehren. So wird berichtet, daß die „Ureinwohner“ ihr Vieh an den französischen Marktständen vorbeitrieben und die Waren damit durch den aufgewirbelten Staub ruiniert wurden.
Auch die Flüchtlinge ihrerseits waren bestrebt, ein enges Zusammenleben mit den Erlanger Bewohnern zu vermeiden. Dennoch war die sprachliche und kulturelle Anpassung nicht mehr aufzuhalten. Die Flüchtlinge, besonders der nächsten Generationen, gaben bald ihre Muttersprache auf, so daß schließlich ab 1740 amtliche und gewerbliche Mitteilungen nicht mehr zweisprachig verfaßt wurden und letztlich 1822 der letzte französische Gottesdienst gehalten wurde.
Der räumlichen Enge wurde bald ein Ende gemacht, als für die Flüchtlinge eine eigene Stadt geplant und gebaut wurde. „Der Aufbau der Stadt, mit dem 1686 sofort angefangen wurde, ging ... nicht sehr schnell vonstatten, da den Flüchtlingen zunächst das Geld fehlte und der Fiskus auch nicht alles leisten konnte. Aber bemerkenswert ist, daß sofort auch mit dem Bau der Kirche (am heutigen Hugenottenplatz) begonnen wurde, die Christian Ernst großzügigerweise der französischen Flüchtlingsgemeinde zum Geschenk (en pur don) machte und die er aus eigener Tasche errichten ließ.
Schon zwei Monate nach der Ankunft der ersten Réfugiés fand am Mittwoch, dem 14. Juli 1686, die Grundsteinlegung statt. Der Markgraf hatte eigens ein Regiment Soldaten von Bayreuth hierher beordert, die in drei Tagemärschen anrückten und dicht bei dem Bauplatz (wohl auf dem heutigen Hugenottenplatz) zelteten. Sie rodeten den Platz und hoben den Grund aus.
Die Grundsteinlegung war für die Gemeinde ein großes Fest. Nachmittags 3 Uhr zog Pasteur Papon im Ornat mit einem großen Zug von Refugies aus der Altstadt hinaus zum Kirchplatz. Kammerrat Mosch, der Markgräfliche Oberdirektor, fuhr mit Madame du Cros und 3 anderen Damen voraus. Auf dem Platz angekommen, fiel Papon mit der ganzen Gemeinde zum Dankgebet auf die Knie. Man sang einen Psalm, und Papon hielt eine Predigt Gott zu Lob und auch dem Markgrafen zum Dank. Die Kompanie stand vor ihrem Lager in „parata“. In den Grundstein legte Kammerrat Mosch eine in Zinn gegrabene Inschrift, ein Glas mit rotem und eines mit weißem Wein „übers Kreuz gegen Morgen und Abend“ und zwei Medaillen aus Silber und Gold. Die Kompanie gab dabei mehrere Salven ab. Dann erfolgte eine Spendierung an die Maurer. Die Freude der Refugies kann man sich denken, nach all den Leiden und dem Verlust von Heimat und Habe wieder eine eigene Kirche besitzen zu dürfen.“ (aus K. E. Haas „Die ev.-ref. Kirche in Bayern“, 1982, S. 115)
Trotz aller Freude war das Leben hart und verlangte nach strenger Ordnung: „Auf treuen Gottesdienstbesuch achtete das Konsistorium gewissenhaft, ja mit Strenge. So mußte sich am 22. März 1691 der Presbyter Mazel verantworten, weil er am Sonntag-Nachmittag eine Gesellschaft in seinem Hause gehalten und deshalb den Gottesdienst versäumt hatte. 1693 erhielten drei Gemeindeglieder einen ernsten Verweis, weil sie zur Zeit des sonntäglichen Nachmittagsgottesdienstes einen Spaziergang nach Brück gemacht hatten. Schon vier Jahre vorher hatte das Presbyterium sämtliche Gastwirte der Kolonie vorgeladen und ihnen das Versprechen abverlangt, während der Gottesdienstzeiten in ihren Wirtschaften nichts zu verabreichen, am Sonntag auch kein Spielen zu dulden. Es war gut und wichtig, daß in der Kolonie auf strenge Zucht und Ordnung gehalten wurde; so verfiel die Emigrantengemeinde nicht der sonst in Flüchtlingszeiten drohenden Verwilderung der Sitten.“ (aus K. E. Haas, aaO., S. 118)
Trotz aller Widrigkeiten sind die Hugenotten geblieben und haben ihre Gemeinde in Erlangen etabliert. Die daraus entstandene heutige reformierte Gemeinde liegt nicht nur architektonisch im Herzen der Stadt, sondern ist soziale und kommunikative Institution in Erlangen. Ob Markgraf Christian Ernst eine solche Entwicklung vorhergesehen hat, läßt sich nicht mehr herausfinden. Spannend ist jedoch die Frage, was es nach einem Plauderstündchen mit ihm in heutiger Zeit zu erzählen gäbe.
|