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Die Orgel in St. Pankratius Budenheim

Die Bedeutung der Budenheimer Kohlhaas-Orgel
Die Wiederentdeckung der Budenheimer Orgel
Der Orgelbauer
Restaurierungen
Disposition

Kontakt
Die Bedeutung der Budenheimer Kohlhaas-Orgel

Die 1747 erbaute Budenheimer Kohlhaas-Orgel ist die älteste nahezu vollständig erhaltene Orgel in der Diözese Mainz. Sie befindet sich zudem noch an dem Standort, für den sie geschaffen wurde. Demnach ist sie eines der bedeutendsten Dokumente kurmainzischer Orgelbaukunst.

Der Erbauer der Budenheimer Orgel, Johannes Kohlhaas d. Ä., stammt aus jener hervorragenden Orgelbauwerkstatt, von der um die Mitte des 17. Jahrhunderts die weltberühmte Kiedricher Orgel erbaut wurde (die original gotischen Reste befinden sich nur am Gehäuse, nicht im Werk). Die Budenheimer Orgel kann somit gewissermaßen als "Enkelin" der Kiedricher Orgel bezeichnet werden.
Die Budenheimer Orgel ist das einzige von zahlreichen Kohlhaas-Werken, das fast vollständig erhalten ist. Von seinen Orgeln in Nackenheim, Erbach und Hattenheim existieren nur noch die Gehäuse. Von seinem Sohn und Nachfolger Johannes Kohlhaas d. J. existieren nur noch zwei Werke: Zum einen die 1765 für St. Alban in Bodenheim erbaute Orgel, die seit 1828 in Ober-Saulheim steht und 2015 restauriert wurde, zum anderen die 1769 für St. Johannes Evangelist in Groß-Winternheim erbaute Orgel, die 2012 nach wechselvoller Geschichte restauriert, rekonstruiert und komplettiert wurde. Für den Nachbau von verlorener historischer Substanz diente die Budenheimer Orgel des Vaters als Vorbild.

Nachweise zur Kohlhaas-Orgel
Die Budenheimer Kohlhaas-Orgel trägt selbst keine Gravur, die auf Kohlhaas als Orgelbauer hinweisen würde. Zur eindeutigen Klärung konnten aber zahlreiche andere Hinweise und Dokumente beitragen:
1. Charakteristische Tonbuchstabengravur in der großen Oktav an den Pfeifen, die denen der beiden erhaltenen Orgeln des Sohnes, Johannes Kohlhaas jun., gleichen.
2. Die Gliederung des Gehäuses gleicht denen der Kohlhaas-Orgeln aus Nackenheim und Hattenheim.
3. Auf der Innenseite des Pulpetenbrettes der Cs-Pedallade fand sich bei den Restaurierungsarbeiten 1992 ein eingeleimtes Pergament mit nachstehendem handschriftlichen Vermerk: Anno 1747 habe ich Johan Kohlhaaß Orgelmacher deß hohen Thomstifftß von Mänz dißes Orgelwerck verfertigt zur hechsten Ehren Gotteß
4. Ein weiteres wichtiges Dokument fand sich auf der Innenseite des Pulpetenbrettes der Hauptwerkslade, nämlich die letzte Seite des Orgelvertrages von Gau-Bickelheim aus dem Jahre 1728, der ebenfalls von Kohlhaas unterzeichnet ist.
Die Wiederentdeckung der Budenheimer Orgel

Als die Pfarrgemeinde 1986 daran ging, langfristige Pläne für die Pankratiuskirche zu entwickeln, gab es in Budenheim viele, die sich noch an Gottesdienste mit der alten Orgel erinnerten. Aber es war den Budenheimern leider nicht bekannt, dass in ihrer alten Kirche ein so wertvolles Musikinstrument stand, das auch historisch sehr bedeutsam war. Deshalb verkam die Orgel seit den Sechziger Jahren - über fast zwei Jahrzehnte!
Erst ein Artikel in der Fachzeitschrift "Ars organi", Heft 1/1986 machte den Kirchenverwaltungsrat hellhörig. In diesem Artikel beschrieb Wolfgang Plodek die Budenheimer Orgel und fragte: "Wer küsst Dornröschen wach? Nur ein Prinz oder ein König des Orgelbaus sollte es versuchen."

1988 wurde die Orgel abgebaut und durch die Firma Vleugels vollständig restauriert.
Ab April 1992 war sie das Glanzstück der Ausstellung „Die Orgel als sakrales Kunstwerk“ im Dom- und Diözesanmuseum in Mainz. Nachdem sie über sechs Jahre lang in Einzelteilen ausgelagert war, wurde unsere Orgel im Juni 2003 in St. Quintin in Mainz aufgebaut. Schon seit langem gab es jedoch Stimmen, dass sie wieder nach Budenheim zurückkehren müsse:
"Die Orgel wurde für die St. Pankratiuskirche in Budenheim erbaut und sowohl architektonisch als auch klanglich auf die dortigen Raumverhältnisse abgestimmt. Daher muss sie auch dort wieder aufgestellt werden." (Prof. Dr. Friedrich W. Riedel, Forschungsstelle für Orgelkunde der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 23. Februar 1991)
Nachdem die Restaurierungsarbeiten in der Pankratiuskirche im Frühjahr 2010 abgeschlossen werden konnten, ist die Kohlhaas Orgel wieder dort, wo sie hingehört: in ihrer Heimat Budenheim.
Der Orgelbauer

Johannes Kohlhaas der Ältere kam am 25. Juli 1691 in Kiedrich zur Welt. Seine Eltern waren Johann Konrad Kohlhaas und Maria Eva Keller, eine Enkelin des Kiedricher Orgelbauers Johann Jakob Keller, die am 9. September 1681 ihre Hochzeit feierten. Nach seinen Lehrjahren bei Kirchner und Johann Peter Geißel (Sohn Georg Geißels) in Mainz, war Kohlhaas zunächst mit Reparaturarbeiten im Rheingau beschäftigt. 1727 wurde er zum „Orgelmacher des hohen Domstifts von Mainz“ ernannt, nachdem der Amtsinhaber, Johann Jakob Dahm, am 10. Juli 1727 verstorben war. Als Domorgelbauer führte er die anfallenden Neubauten der Mainzer Region zum Großteil aus. Johannes Kohlhaas verstarb 1757.

Restaurierungen

1790, 1776
Reparaturen bzw. Stimmungen durch Philipp Adam Embach aus Rauenthal.

1796
Als die französischen Truppen die Kirche als Pferdestall benutzten, wurden die Pfeifen ausgehoben, konnten aber gerettet und durch den damaligen Schullehrer mit Hilfe eines Schreiners wieder eingesetzt und gestimmt werden.

1800, 1799, 1797
Ausbesserungen der Bälge.

1834
Renovierung durch den Mainzer Orgelbauer Dreymann, der die Flöte durch eine Waldflöte 2' ersetzte, den Terzchor des Sesquialter entfernte, das Großgedackt mit neuen Füßen versah und eine neue Manualklaviatur anfertigte.

1932
Umbau durch den Frankfurter Orgelbauer Dülk, der auf dem Mixturstock einen Geigenprincipial 8', auf den Gambenstock eine Zimbel 3-fach stellte und die Dreymannsche Waldflöte durch ein Salicional ersetzte. Die Pfeifen der ausgebauten Register Mixtur und Gambe (letztere aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts) blieben im Orgelgehäuse erhalten. Die tiefste Oktave von Geigenprincipal und Salicional wurden hinter dem Gehäuse auf einer pneumatischen Zusatzlade angeschlossen. Möglicherweise wurde bei dieser Gelegenheit auch der Spielschrank zugefügt, die Keilbalganlage durch einen Magazinbalg ersetzt und das elektrische Gebläse aufgestellt.

1988
Nachdem die Pankratiuskirche ab Anfang 1972 nicht mehr für Gottesdienste genutzt wurde, geriet die Kohlhaas-Orgel durch mangelnde Pflege und Beschädigungen in einen völlig desolaten Zustand. Sie wurde 1988 abgebaut, durch Firma Vleugels vollständig restauriert.

1992
Restaurierung durch Orgelbau Vleugels, Hardheim. Wiederherstellung der originalen Fassung des Gehäuses durch die Restaurierungswerkstatt Vitus Wurmdobler, Erbes-Büdesheim.

Disposition

Manual C-c3 Pedal C-d0 Pedal angehängt
Großgedackt 8‘ Subbass 16‘
Gamb 8‘ Octavbass 8‘
Praestant 4‘
Floet 4‘
Kleingedackt 4‘
Oktav 2‘
Quint 1 1/3‘
Sesquialter I-II 2 2/3‘
Mixtur V-IV 1‘

Leerschleife


einspielende Pedalkoppel

Stimmtonhöhe: a' = 462 Hz bei 18oC
Stimmung (Temperatur): Werckmeister III

Siebenachsiger Prospekt mit einem Rundturm in der Mitte und zwei Trapeztürmen, dazwischen zwei übereinander liegende Pfeifenfelder. Die seitlichen Harfenfelder beinhalten das Pedalwerk, Spielschrank in der Gehäusemitte.
Schleifladen mit mechanischer Spiel- und Registertraktur. Zwei einfältige Keilbälge und Balghaus 1992 rekonstruiert.
Historischer Bestand: Gehäuse, Windladen, Register (Gamb 8` 19. Jhd.), Manual- und Pedalklaviatur, Trakturen (größtenteils), hölzerne Pedalpfeifen in den Harfenfeldern mit Zinnblechbeschlag.
Kontakt

St. Pankratius Budenheim
Pfarrbüro
Gonsenheimer Str. 43
55257 Budenheim

Telefon: 06139/2129
E-Mail: info(at)st-pankratius-budenheim.de

Mit freundlicher Genehmigung des Kultursommer Rheinland-Pfalz e.V. und der Kirchengemeinde F. Fillinger
OI-B-72
weiterführende Links:

Webseite St. Pankratius Budenheim