Geschichte der Orgeln
Text: Thomas Jann
1715 baute Johann Michael Dietrich aus Bad Tölz eine Orgel für die Klosterkirche Andechs und schuf dabei das noch vorhandene herrliche Barockgehäuse. Nach einem Umbau 1751 baute Johann Georg Beer aus Erling 1857 unter Verwendung des vorhandenen Gehäuses eine neue Orgel.
Guido Nenninger aus München lieferte 1965 für das Gehäuse von 1715 eine Orgel mit 24 Registern auf zwei Manualen und Pedal. Nenninger entfernte die Rückwand der Orgel, musste dafür aber Stahlträger einziehen, um die Stabilität der Orgel zu sichern. Diese Orgel war Ende der 1990er Jahre den liturgischen und konzertanten Aufgaben nicht mehr gewachsen.
Zusammen mit dem damaligen Organisten Anton Ludwig Pfell arbeiteten wir die musikalische Zielsetzung des Instruments aus. Unser Konstrukteur Hans-Jürgen Reuschel ordnete Hauptwerk, Positiv und Pedal auf einer Ebene in Höhe des Gehäusekranzes an und erreichte auf diese Weise eine hervorragende Klangabstrahlung bei optimaler Stimmhaltung.
Das Echowerk fand seinen Platz im Untergehäuse. Die Disposition wurde während der Konstruktion auf 31 Registern und 3 Transmissionen reduziert, um Pfeifenwerk und Orgeltechnik möglichst einfach zu erreichen. Jede Pfeife hat nun mehr als ausreichend Platz für eine optimale Ansprache und Klanggebung.
Die klangliche Ausrichtung zeigt starke Akzente des süddeutschen Spätbarock. So finden wir viele unterschiedliche und charakteristische Flötenstimmen in der 8' und 4'-Lage. Das schwellbare Echowerk wurde bewusst für Musik ab der Romantik ausgelegt.
Die Intonation der Hauptwerksprincipale wurde durch die barocken Prospektpfeifen des Principal 8' beeinflusst. Das ausgewogene und unaufdringliche Principalpleno ermöglicht zusammen mit dem Positivpleno bestens die Interpretation barocker Musik. Im Echowerk befinden sich die „romantischen“ Register. Neben Salicional 8', Schwebung 8', Violine 4' und Harmonia aetheria 3-4f. 2 2/3' besitzt das Echowerk eine überblasende Flöte 4'. Durch die Stellung im Untergehäuse ist das Echo ideal für die Begleitung von Chor und Solisten.
Die Anzahl der Zungenregister entspricht zwar nicht der süddeutschen Tradition, für die Interpretation von mittel- und norddeutscher Barockmusik sowie für romantische und zeitgenössische Werke sind sie aber unverzichtbar. Neben der klangvollen Trompete 8' und dem charakteristischen Krummhorn 8' wurden Oboe 8' und Alphorn 8' klanglich rund intoniert. Alle Zungenregister stammen aus eigener Fertigung.
Die Erlinger Firma Ludwig Eisenschmid erbaute den dreimanualigen Spieltisch und lieferte auch die gesamte Orgelelektronik einschließlich Setzer. Die Setzer können 5000 Registerkombinationen abspeichern und abrufen. Die Registeranlage ist rein elektrisch, die Tontraktur ist mechanisch ausgeführt. Auch die Koppeln konnten ohne Einbuße an Leichtgängigkeit und Präzision der Spieltraktur vollmechanisch realisiert werden. Als Reminiszenz an das barocke Zeitalter konnte auf einen Zimbelstern und ein Glockenspiel nicht verzichtet werden.
Fast 8.000 Arbeitsstunden brauchte es, um die Orgel fertigzustellen. Ein Drittel dieser Zeit wurde dabei benötigt, um die insgesamt 2.064 Pfeifen aus Zinn-Blei-Legierung und Holz zu bauen und sie zum Klingen zu bringen. Für die Intonation brauchten unsere Intonateure über 900 Stunden, davon etwa die Hälfte in der Werkstatt, die restlichen Stunden bei der Fertigintonation in der Kirche.
Der Tonhöhenumfang liegt zwischen 32 Hz von Ton C im Principalbaß 16’ und Posaune 16' und 9.500 Hz im Ton g3 der Quinte 1 1/3'. Die Vielzahl der Pfeifenarten aus Metall und Holz in den unterschiedlichsten Größen von ca. 20 mm bis 4,80 m Länge erzeugen erst diesen Orgelklang vom leisesten Flüstern bis zum großartigen Brausen der ganzen Orgel, von dem wir immer wieder so angetan sind.
Die Chronologie der Orgeln im Kloster Andechs --->
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