Die Furtwängler-Orgel
erbaut 1883 durch Ph. Furtwängler & Söhne für die Dreifaltigkeitskirche Hannover
1934/1935 Ankauf
und Einbau in Celle durch Gustav Steinmann, Vlotho-Wehrendorf, Verkleinerung des Gehäuses
um 1990 Dispositionsänderung durch Johann Janssen, Celle
Heutige Disposition:
Manual I C-f3 |
Manual II C-f3 |
Pedal C-d1 |
Bordun 16' |
Gedackt 8' |
Subbaß 16' |
Prinzipal 8' |
Spitzflöte 4
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Oktavbaß 8' |
Hohflöte 8' |
Prinzipal 4' |
Quinte 5 1/3' |
Geigenprinzipal 8' |
Nasat 2 2/3' |
Prinzipal 4' |
Oktave 4' |
Flauto amabile 2' |
Rauschpfeife |
Rohrflöte 4' |
Oktave 1' |
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Flöte 2' |
Rauschquinte 2fach |
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Oktave 2' |
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Mixtur |
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Sesquialtera 2fach |
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Manualkoppel, Pedalkoppel I; Pedalkoppel I
Kegelladen, elektro-pneumatische Traktur
Derzeit ist die Orgel nicht mehr spielbar. Die Pneumatik ist defekt, ein Teil der Pfeifen wurde von der Gemeinde verkauft.
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Zwei Orgeln in einer Kirche? Der Innenraum der Martin-Luther-Kirche erweckt diesen Eindruck, der aber falsch ist
Die 1934 im norddeutschen Backsteinstil erbaute Martin-Luther-Kirche der Concordia-Gemeinde ist in Celle nicht sonderlich bekannt, auch wenn der Bau Fritz Högers architektonisch sehr markant ist. Zwar steht die Kirche an Celles wohl meist befahrener Straße, an der Hannoverschen Straße, aber etwas zurückgesetzt, fast wie versteckt. Und doch ist sie, vergleichbar der nebenan liegenden Gemeinde der Reformierten Kirche, ganz selbstverständlich präsent bei den Gläubigen der Stadt. Aber eben sonst eher wenig präsent in der Stadtgesellschaft.
Man kommt in die Kirche dieses durch sein Hamburger Chilehaus bekannt geworden Architekten herein und sieht zunächst einmal eine kleine Orgel vorne rechts fast im Altarraum stehen. Man kann sich gut vorstellen, wie an diesem Instrument über Jahrzehnte Organist Johann Janssen zur Freude der Gemeinde und Pastoren gewirkt hat. „Wie dieser Mann improvisieren konnte, das war einzigartig,“ so formuliert es der Pastor. Ein optisch geschmackvolles, dezentes Instrument von 1997 ist diese Orgel, etwas eingezwängt zwischen zwei neogotischen Gewölberippen. Bescheiden wirkt dieses Instrument. Und teilweise klingt es auch so. Dieses Instrument übt sich entweder in vornehmer Zurückhaltung oder es tritt klanglich fast aggressiv an einen heran. Dies aber nur, wenn man die auffallend scharfen und lauten Prinzipal-Register verwendet. Fast ein wenig zu leise hingegen klingen die Flötenregister für die Größe dieses Raums, aber mit bemerkenswert ausgeglichenem Klang. Ein spezieller Reiz dieser Orgel stellt sich dann ein, wenn man etwas Ungewöhnliches probiert: Man schaltet den überdimensionierten, viel zu starken Tremulanten des Brustwerks ein, schließt dessen Klapptüren und koppelt das Manual ans Hauptwerk. Und dann registriere man in beiden Manualen ähnliche Register und man erlebt einen faszinierenden Schwebungsklang. Das ist das Bemerkenswerteste am Klang dieser Orgel vom nordhessischen Orgelbauer Böttner, der in seinen besten Zeiten eine beachtliche Zahl zeitlos moderner, oftmals auffallend gut gestalteter Orgeln gebaut hat.
Vom Altarraum mit seiner beeindruckenden Lichtführung Högers und dem schwebenden auferstandenen blauen Christus blickt man direkt auf eine zweite Orgel gegenüber oberhalb des Eingangs. Dieses ursprünglich für eine hannoversche Kirche gebaute Instrument von 1883 nimmt fast den kompletten Platz auf der Empore ein.
Die Optik dieses Instruments lässt auf eine ursprünglich spätromantische Klangcharakteristik schließen. Hören kann man dieses reine Instrument leider nicht mehr. Es steht nur noch die äußere Fassade. Inzwischen wurde ein erheblicher Teil der Pfeifen verkauft. Ihr Erlös legte möglicherweise den Grundstock für die Finanzierung der neuen Orgel. Ob das die glücklichste Entscheidung war, das kann man heute nicht mehr beurteilen. Wer das doch viel größer wirkende, ziemlich sicher akustisch besser positionierte, stillgelegte Instrument sieht und den Klang der Altarraumorgel im Ohr hat, der kann schon zu dem Gedanken kommen, dass es damals womöglich hätte sinnvoll sein können, das große Instrument im Blick auf den ursprünglichen Klang hin zu restaurieren. Zu vermuten ist, dass diese Orgel in ihrer elektropneumatischen Bauweise wohl am bauarttypischen Grundproblem der Materialermüdung litt. Diese zu beheben wäre sicher eine ziemlich teure Sache geworden. Stattdessen hat man das alte Instrument entkernt und nur noch das Äußere erhalten. Wenn die Gemeinde einmal an viel Geld kommen sollte, dann könnte man eventuell diese alte Orgelhülle wieder beleben. Alleine schon die Größe des Gehäuses würde es ermöglichen, diesen so reizvollen Raum mit einer architektonisch geschickt unterstützten Akustik durch eine Orgel mit einem ganz anderen Klangvolumen und einer in sich schlüssigeren Klangästhetik zu füllen. Und vielleicht könnte man sogar die kleine Orgel als Zweitinstrument behalten um als einzige Kirche weit und breit Orgelmusik für zwei Instrumente zu ermöglichen. Das wäre doch mal ein lohnenswertes Ziel.
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